Thomas Kalweit über die vielleicht besten Kunstköder zum Angeln auf Großforellen.
Sie leben in Bächen, hausen unter Steinen: daumendicke, hässliche Mühlkoppen. Nicht umsonst wird der schlammfarbene Grundbewohner mancherorts auch „Rotzkober“ oder „Kaulpatzen“ genannt. Von der Evolution der Schwimmblase beraubt, kriechen die Koppen auf ihren kräftigen Brustflossen umher. Sind sie in Gefahr, lassen sich die schlechten Schwimmer mit der Strömung abtreiben. Letzteres kommt häufiger vor: Listige Reiher picken nach ihnen, und auch gerissene Raubforellen stellen den saftigen Brocken nach.
Über Jahrhunderte haben sich Angler Gedanken gemacht, wie sich Koppen, die Hauptnahrung der Großforellen, perfekt imitieren lassen. In der Regel wurden tote Koppen auf Spinn-Systeme geflochten. Doch irgendwann kam ein Köderbauer auf einen besonderen Kniff. Er stanzte einen kleinen, aber schweren Blinker aus dickem Blech. Damit er wie eine Koppe über die Steine humpeln konnte, kerbte er an den Seiten des Blinkers kleine Flossen ein, so dass der Blechköder wie sein Vorbild verführerisch wackelte. Ein leuchtendes Glasauge machte die Erfindung am dunklen Bachgrund besonders überzeugend.
Ursprung unbekannt
Der Koppen- oder Augenblinker ist eine rein deutsche Entwicklung, nahezu alle Hersteller hatten ihn im Angebot. Inzwischen ist der kleine Forellenverführer leider ausgestorben. Um 1930 stanzte wahrscheinlich ein gewisser Hendrik van Ophemert in der Dresdener Elisenstraße den ersten Koppen-Blinker aus einer Blechplatte. In einem Vorkriegskatalog der Berliner Angelgeräte GmbH hieß es: „Augenblinker (Original von Ophemert), Messing oder Messingsilber bzw. Kupfersilber, mit eingesetztem, durchsichtigem Glasauge, gleich gut geeignet für Hechte, Barsche und Forellen.“ 1951 zog es van Ophemert aus der damaligen DDR in den Westen, eine Anzeige in der Angelzeitschrift „Die Fischwaid“ verrät seinen neuen Firmensitz: Braunlage im Harz.
Als zweiter Erfinder-Kandidat gilt Adolf Schrader aus Köln: Der Angelgerätehändler aus der Domstadt hatte wohl die breiteste Koppen-Palette im Angebot. In einer Zeitungsanzeige vom Mai 1949 schrieb er: „Schrader-Koppen (Augenblinker) jetzt wieder lieferbar“. Man kann also davon ausgehen, dass er schon vor dem Krieg Koppen produzierte.
Ab 1940 taucht auch im Programm der Deutschen Angelgeräte Manufaktur ein Koppenblinker auf. Im Katalog von 1936 hatte D.A.M. noch keine Koppe im Programm. Da der damals führende Hersteller immer schnell auf neueste Trends reagierte, muss der Köder irgendwann kurz vor 1940 erfunden worden sein. Denn im gleichen Jahr produzierte auch die Köderschmiede „Agilette“ von Erich Kaldenbach in Berlin einen fischförmigen Augenblinker.
Beliebter Bestseller
Für einen wahren Koppen-Segen sorgte die Bonner Firma Plate in den 1950er Jahren. Der Schnur-Hersteller ließ damals beliebte Köder-Modelle aus der Vorkriegszeit wieder aufleben. Zuerst den so genannten „Augen-Löffelspinner“, ein aufwändig braungold oder blau-silber emaillierter Koppen-Blinker mit eingesetztem Glasauge. Laut Katalog gab es die Modelle mit lächelndem und grimmigem Mund. Sogar Schrader-Koppen produzierte Plate ab 1955 in braun-gold und silber-blau. Um 1960 wurde die Köderproduktion in Bonn eingestellt.
Auch alle anderen Hersteller hatten in der Folgezeit irgendeine Koppe im Angebot: Gottlob Spohn aus Pforzheim präsentierte seinen „ESPO Augenblinker“. Auch Stork und Thöner in München oder Steurer in Wien hatten mehrere Versionen aus Eigenproduktion im Programm. D.A.M. vertrieb weiterhin Blinker in Koppenform: den Augen-Spinner „B 1608“, ein „viel benutzter Taumelköder auf Forellen“. Oder den Quick-Spinner „B 1627“, ein „beiderseits bemalter Taumelköder von großer Fängigkeit“.
1963 warf Noris-Shakespeare ein Modell auf den Markt: Hier taucht die Koppe als „Noris-Augenblinker“ auf: „Emaille-Imitation, ein sehr begehrtes und bewährtes Blinker-Modell, für kleine und große Fische.“
Auch im Osten erfolgreich
Auch in der DDR wurde auf Koppen-Blinker gesetzt: 1950 warb die Firma Karl Grüntzig aus Dresden im „Deutschen Angelsport“ für ihren „KG-Blinker mit Glasauge“. Dass es sich um eine Koppe handelte, verrät die Anzeige: „gesetzlich geschützte Form von Ophemert“. Wenig später, im März 1951, wirbt auch die Firma Rileh-Angelgeräte aus Leipzig für ihren Augenblinker.
In „dem“ DDR-Fachbuch für Kunstköder, „Künstliche Köder“ von Ulrich Basan und Armin Göllner (1980), gibt es sogar eigens ein Kapitel zu unserem Ködertyp: „Unter der Bezeichnung ‚Augenblinker‘ werden im Handel oft recht unterschiedliche Blinkerformen angeboten, die als Garnierung ein gemaltes, geprägtes oder durch eine Perle imitiertes Auge aufweisen. Hier wollen wir als Augenblinker die ursprüngliche Form verstehen, die unter diesem Namen bereits Jahrzehnte auf dem Markt ist. Charakteristisch für den Augenblinker ist neben der bereits erwähnten Augenzeichnung eine weidenblattähnliche Form, deren Umriss im Hinterteil an beiden Seiten zickzackförmig unterbrochen ist und so zwei flossenähnlich vorstehende Ecken bildet.“ Exakter kann man den Koppen-Blinker nicht beschreiben.