PRAXIS & GERÄTE Spinn-Gelüste an der Küste

Spinn-Gelüste an der Küste


Um erfolgreich Küstendorsche zu blinkern, müssen die Bedingungen stimmen. Strandwanderer Frank Brodrecht zeigt, worauf es ankommt.

Von Frank Brodrecht

Dorsch

Viel zu spät. Ich schlittere den lehmigen Abhang der Steilküste herunter. 10 Uhr, und die Sonne strahlt schon aus einiger Höhe auf die Ostsee herab. Um diese Zeit gehen die meisten Dorsch-Angler schon wieder nach Hause. Mein Trost: Im Gegensatz zu den Dorschen nehmen es die Meerforellen mit der Tageszeit nicht so genau. An einem milden Wintertag wie heute suchen sie sicher rund um die Uhr nach Futter.

Der Blick aufs Wasser jedoch lässt die Hoffnung schwinden: was für eine Brühe! Die Sonne hat die Hänge aufgetaut. An vielen Stellen ist der Matsch ins Wasser gerutscht. Von dort zieht sich eine lehmige Fahne bis weit ins Meer hinaus. Selbst das Feuerrot meines Erfolgsblinkers kann gegen diese Suppe nichts ausrichten.

Beim ersten Einholen bemerke ich den „Strahlemann“ erst, als er gegen die gesenkte Rutenspitze schlägt. Aber war da auf den letzten Metern nicht ein feiner Zupfer? Ein Schlenzwurf an die Stelle, ein Schwall kurz nach dem Auftreffen, und der harte Ruck in der Rute. Sofort zerrt der Fisch einige Meter Schnur von der Rolle. Erst dann folgt er unter Schütteln dem kräftigen Zug meiner Spinngerte. Augenblicke später lande ich doch einen Dorsch – 4 Pfund wird er haben. Nach dieser Einstiegs-Überraschung tut sich jedoch nichts mehr. Wurf um Wurf – tief und langsam geführt, wie Dorsche es mögen – doch kein Zupfer und kein Schwall.

Butterfisch auf der Speisekarte

Was suchen die Großmäuler wohl im flachen Wasser? Der Magen meines Dorsches zeigt es. Prall gefüllt ist er mit bleistiftdicken, braunen Fischchen. Schwarze Flecken an der Seite zeigen mir, dass es junge Butterfische sind. Sie kommen häufig im Tang der Ostsee vor, leben aber sehr versteckt. Mein Blinker ähnelt ihnen zumindest in Form und Größe. Auch die langsame, tiefe Köderführung sollte diese trägen Grundfische gut imitieren. Doch feuerrot? Ein brauner Blinker aber wird wohl bei der schlechten Unterwasser-Sicht nichts bringen. Wirklich? Der erste Wurf bringt Klarheit in die „trübe“ Theorie. Biss und kräftige Gegenwehr – beinahe gelingt es dem Dorsch in eine Steingruppe zu flüchten – doch dann liegt er im Uferkies. Deutlich größer als der erste. Wer hätte das gedacht!

Drei Dinge will der Dorsch

Mir zeigt der Marmorierte einmal mehr, worauf es beim Dorsch-Fischen ankommt: Zum ersten muß es dunkel ein. Nur ausnahmsweise erwischt man Dorsche am helllichten Tage. Es sei denn, das Wasser ist getrübt – nach einem Sturm oder eben durch abgerutschten Lehm. Vor Sonnenaufgang und am späten Abend fange ich ganz dicht unter Land. Steil abfallende Ufer aber können auch am Tage günstig sein.

Zweiter Punkt, das Futter: Überall, wo es zu finden ist, sind auch die Großmäuler. Oft verrät mir ein Blick ins Wasser die Lage. Sehe ich Flohkrebse, Asseln, Garnelen und Grundeln herumflitzen, stehen die Chancen gut. Auch Strömungen in Ufernähe führen immer Nahrung mit und weisen den Weg zum Dorsch.

Regel Nummer 3 zum Aufenthalt der marmorierten Räuber: Je höher die Wassertemperatur, desto näher kommen sie ans Ufer. Bei Eiseskälte hingegen sind sie fast nur im tiefen Wasser zu erwischen

Extra-Tipp

Dorsche verfolgen den Kunstköder oft, ohne richtig zuzupacken. Der Angler spürt meist nur mehrere Zupfer, die nicht leicht von Grundberührungen zu unterscheiden sind. Führt man den Köder nicht direkt am Grund, so kann man für einen kurzen Augenblick das Einholen stoppen. Fast immer packt der unschlüssige Dorsch dann zu. Auch Meerforellen fallen auf den Trick herein.

Die verschiedenen Blinker und Wobbler eignen sich unterschiedlich gut für einen Spinn-Stop. Ideal sind solche, die in der Absink-Phase um ihre Achse rotieren. Ihnen kann kaum ein Meeres-Räuber widerstehen. Andere Blinker und besonders Küstenwobbler sinken fast leblos zu Boden. Einholpausen zeigen dann deutlich weniger Wirkung. Am besten verschiedene Modelle vor den Füßen testen.

Geräte-Kiste von Frank Brodrecht

Rute: Meerforellen-Spinnrute zwischen 2,70 und 3 m Länge und 40 g Wurfgewicht. An hängerträchtigen Stellen und der Chance auf große Fische benutze ich eine etwas kräftigere Gerte.

Rolle: leichte, robuste Stationärrolle mit 0,28er Sehne.

Ködertipp: Orange ist die Dorsch-Farbe. Versuchen Sie mal einen orange-goldenen Gladsax-Küstenwobbler von 16 g. Langsam eingeholt ist er unschlagbar. Aber auch rote und rot-schwarze Hansen Flash-Blinker bis 24 g fangen. Wenn es stockfinster wird, habe ich oft erlebt, dass die Bisse nachlassen. Jetzt führe ich mit erhobener Rutenspitze einen dunklen Küstenwobbler im Mittelwasser. Die Dorsche erkennen die Silhouette gegen den Himmel und schnappen zu.

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