Wer die kapitalen Schätze aus kleinen Bächen bergen will, muss tief unten suchen. Steffen Schulz bietet dazu Gummiköder an und erlebt so manche Überraschung. Von Birger Domeyer
Das Wasser steht leicht erhöht, ist aber klar. Perfekte Bedingungen für die nächsten Tage.“ Angespornt durch Steffens positive Prognose, mache ich mich auf den Weg an sein Hausgewässer, einem kleinen Fluss mit gutem Döbel- und Forellenbestand. Wir haben es auf die kapitalen Räuber abgesehen, und die halten sich gerne in tiefen Gumpen, Rinnen oder hinter großen, im Wasser liegenden Steinen auf. Hier finden sie reichlich Nahrung und Deckung, sind für den Angler jedoch schwer erreichbar. Diese Plätze sind oft sehr klein, und ein präzise angebotener Köder entscheidet darüber, ob der Fisch diesen überhaupt zu Gesicht bekommt. Spinner, Blinker oder Wobbler müssen leider recht schnell geführt werden, damit sie ihre eigentliche Aktion entfalten können. Oft zu schnell, so dass sie nur so an den Räubern vorbei huschen.
Gummi am Grund
Steffens Favoriten sind daher aus Weichplastik, montiert am Bleikopf. Genau wie es beim Barsch- und Zanderangeln bekannt ist, werden die Gummifische grundnah in kleinen Sprüngen geführt. Nach langem Experimentieren erwies sich diese Taktik als Erfolg versprechendste. Zwar ist es nicht immer leicht, den Köder in der zum Teil stark wechselnden Strömung auch grundnah zu führen. Aber mit etwas Übung klappt das schon. Gerade die kapitalen Bachbewohner, wie Forellen und Döbel über 50 Zentimeter sowie Barsche über 40 Zentimeter, „kleben“ regelrecht am Grund. Zudem suchen sie nur zu gern tiefe Gumpen auf, die für herkömmliche Kunstköder schwer erreichbar sind. Bei der Auswahl des „richtigen“ Gummifischs ist dem Angler viel Kreativität eingeräumt. In dem schnellen Wasser eines Baches können es sich die Räuber nicht leisten, lange zu fackeln. Sprich: Fast jeder Köder fängt seinen Fisch. Trotzdem gibt es kleine, aber feine Unterschiede, die die Aussicht auf Erfolg deutlich erhöhen.
In dem meist glasklaren Wasser fangen natürliche Dekors deutlich besser als Schockfarben. Da Krebstierchen neben kleinen Fischen ganz oben auf der Speiseliste stehen, sind Braun- und Grüntöne sowie transparente Gummis mit wenig Glitter sehr fängig. Schlanke Modelle von drei bis neun Zentimeter Länge sind genau richtig.
Im Sommer dürfen die Köder ruhig etwas kleiner, im Winter etwas größer werden. Auch sehr kleine Forellen schrecken nicht vor einem neun Zentimeter langen Gummifisch zurück und attackieren ihn ohne Scheu. Nur fängt man diese selten, weil sie den entsprechend großen Jighaken nicht ins Maul bekommen.
Das richtige Gewicht
Schwieriger als die Wahl des richtigen Gummifischs ist die des richtigen Bleikopfes samt Haken. Fangen wir beim Gewicht an. Dieses sollte so schwer gewählt werden, dass der Köder auch den Grund erreicht. Ist er jedoch zu schwer, verkeilt er sich schnell in den Steinen, und man hängt ununterbrochen fest, Verluste sind vorprogrammiert. Eine konkrete Aussage zu machen fällt sehr schwer, weil sich die Bleimenge sogar an ein- und demselben Gewässer stark unterscheiden kann. Direkt unterhalb eines Wehres müssen in nur zwei Meter Wassertiefe schon mal sieben Gramm herhalten, damit der Köder nicht durch den Strömungsdruck zur Oberfläche getrieben wird. Nur 50 Meter weiter stromab, an einer seichten Stelle, reichen dagegen in ebenfalls zwei Metern Wassertiefe 3,5 Gramm völlig aus, weil hier deutlich weniger Strömung herrscht. Mit etwas Fingerspitzengefühl sind die richtigen Gewichte schnell ermittelt.
Bei der Hakengröße kann man jedoch konkreter vorgehen. Diese sollte in erster Linie zum Köder passen. Für drei Zentimeter Gummis reicht ein 8er Haken, für die neun Zentimeter Modelle ein 1/0er Greifer. Da wir es allerdings auf die Kapitalen im Bach abgesehen haben, ergibt sich bei den kleinen Haken ein Problem: Sie biegen schnell auf. Gerade in der Strömung ist so ein zartes Häkchen schnell kerzengerade gebogen. Da hilft nur, vorsichtig zu drillen und die Bremse von Anfang an etwas zu öffnen. Auch der Anhieb sollte mit Bedacht gesetzt werden. Hierbei treten kurzfristig recht hohe Kräfte auf, und der Haken verbiegt. Es lohnt sich trotzdem, gerade in der schwierigen heißen Jahrezeit auf die Minis zurückzugreifen, möchte man überhaupt Bisse bekommen.
Stromauf oder stromab?
Die Frage, ob man einen Köder besser stromauf oder stromab wirft, ist wohl so alt wie das Spinnfischen am Bach selbst. Beim stromauf geworfenen Köder hat der Angler den Vorteil, dass uns der Fisch den Rücken zukehrt. Man wird also später entdeckt und verscheucht nicht so viele Fische. Außerdem ist es einfacher, den Spinnköder auf Tiefe zu bringen, da der Strömungsdruck entfällt.
Ein gewichtiger Nachteil ist jedoch, dass der Köder oft viel zu schnell am Fisch vorbeisaust. Gerade die großen Exemplare mögen diese Verfolgungsjagden nicht allzu sehr, es gibt insgesamt weniger Bisse und viel mehr Fehlbisse. Döbel und Barsche nehmen einen zügig mit dem Strom geführten Köder in der Regel nur sehr ungern. Beim Fischen stromab muss sich der Angler viel vorsichtiger bewegen, weil uns die Fische direkt anschauen. Weite Würfe und langsame Bewegungen sind angesagt. Dafür bietet uns das Fischen stromab einen klaren Vorteil: Der Köder kann lange in der Strömung gehalten werden und driftet langsam auf das eigene Ufer zu. Die Fische haben viel mehr Zeit, den Köder zu erfassen und auch zu attackieren. Der Strömungsdruck spielt beim Gummifischangeln keine Rolle, schließlich können wir ihn durch einen entsprechend schweren Bleikopf ausgleichen. Somit gelangt der Köder immer zum Grund.