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Auf Hecht und Ferox-Forelle in Irland

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Das Königspaar teilt sich die Herrschaft im irischen Lough Corrib – der Hecht und die Ferox-Forelle. Uwe Pinnau hat versucht, die beiden Regenten zu hofieren.

Im Westen der grünen Insel liegt der gewaltige Lough Corrib, ein majestätischer See, geprägt von den meeresnahen Winden, bootsfeindlichen Steinansammlungen, und eben auch von zwei mächtigen Räubern: König Hecht und Königin Forelle. Die Forellen, genau gesagt „Ferox-Trouts“, sind im Prinzip irische Bachforellen (Brown Trouts), die von Insektennahrung auf Fisch umgestiegen sind und entsprechend räuberisch leben.

Man weiß nicht warum, aber irische Hechte kämpfen wesentlich wilder als ihre Artgenossen auf dem europäischen Festland.
Mission erfüllt: Uwe im absoluten Glück, die Königin misst 86,5 Zentimeter und wiegt etwa 6,8 Kilogramm.

Folglich werden Ferox-Forellen in den irischen Seen schon ziemlich groß. Und als kleiner Beutefisch möchte ich ihnen ungern begegnen. Ferox-Forellen sind allerdings keine richtigen „Urlaubsfische“, denn der Fang ist wirklich nicht einfach. Es braucht das entsprechende Gewässer, passendes Gerät, die richtigen Köder, aber auch jede Menge Zeit und Glück, um eine Chance auf eine dieser Seeköniginnen zu haben.

Was die Hechte angeht, sind diese wesentlich berechenbarer als die Ferox, aber eben auch nicht willens, von allein ins Boot zu springen – schon gar nicht die Großen. Daher ist auch für eine Audienz bei Hoheit Hecht ein gewisser Aufwand nötig, und das sprichwörtliche Glück der Iren kann dabei nicht schaden.

Ich reise im Juli an den Corrib und habe fest vor, mich diesen beiden Spezies intensiv zu widmen. Nach der eigentlich gar nicht so langen, aber dennoch erholsamen ersten Nacht und einem „full irish breakfast“ in der Portarra Lodge kann es losgehen. Ich vertraue mich dem  versierten und alteingesessenen Michael Canney an, einem Instinktangler, der mit allen irischen Wassern gewaschen ist.

Vor der Tür reckt Michael den rechten Daumen in die Luft, schaut sich das Spiel der Bäume und Äste im Wind an und wirft noch einen finalen Blick auf die Wellen des Corrib: „Okay, ready to rock‘n roll.“ Wir packen unser Zeug und bringen es zum Boot. Das Wetter könnte besser sein, denn die Ferox-Forellen mögen es doch lieber windstill. Bereits zu Hause hatte ich mich akribisch vorbereitet und hinsichtlich Ferox ausführlich recherchiert. Im Drill dieser kampfstarken Salmoniden gilt es wilde Fluchten abzupuffern und Sprünge möglichst zu verhindern. Daher unterscheidet sich die Ausrüstung schon vom herkömmlichen Hechtgerät. Ich hatte mich im Vorfeld für eine eher weiche, gutmütige und lange Rute entschieden. Dazu eine mit 0,35er Monoschnur bespulte Freilaufrolle, ein paar Schlepplöffel aus der Seeforellenbox eines Freundes sowie einige schlanke, flachlaufende Rapalas aus eigenem Bestand.

Nachdem alles verstaut ist, manövriert Michael das irische Lakeboat gekonnt durch die ufernahen Steinformationen. Wir fahren eine ganze Weile raus, bis wir uns entscheiden, die Köder zu Wasser zu lassen. Dann beginnt eine Phase der Ruhe und geistigen Einkehr im Takt des Außenborders. Nach ungefähr zwei Stunden schlägt Michaels Rutenspitze vehement, aber leider nur kurz aus. Fehlbiss! Wir  beschließen noch eine Stunde weiterzumachen, ansonsten wird es eine Tee- und Lunchpause geben…

Michael zieht das Maßband

Die abgemachte Stunde ist halb rum, als meine Rutenspitze ruckartig nach hinten ausschlägt. Augenblicklich nehme ich das Gerät auf und spüre heftigen Widerstand. Es könnte natürlich auch ein Hecht sein, aber das fühlt sich anders an.

Hechtwetter, und in einer flachen Bucht beginnt die Beißorgie.

Plötzlich und völlig unvermittelt schraubt sich 30 bis 40 Meter hinter dem Boot ein großer, goldener Fischkörper aus dem Wasser. Eine Ferox, und was für eine. Ich setze alles daran, dass der Fisch bloß nicht nochmal springt. Der nächste Salto könnte der letzte sein. Ich lockere die Bremse ein wenig, um ja immer Zug auf der Schnur zu haben.

Die Forelle schwimmt nur knapp unter der Oberfläche, ihre Rückenflosse ragt ähnlich wie die eines Hais aus dem Wasser. Wahnsinn! Ich lotse die Königin langsam in Bootsnähe, ihre Ausmaße werden immer deutlicher, was für ein Tier. Kaum hat sie den Kescher entdeckt, schießt sie in die Tiefe. Das wiederholt sich mehrfach, wird mir später erzählt. Ich bin viel zu entrückt, um das noch zu registrieren.

Nach einer gefühlten Ewigkeit gelingt es mir, die Schönheit über den Kescher zu führen, den Michael gekonnt bedient. Einem lebenden Goldbarren gleich, landet die Ferox im Boot, und irgendwie verschlägt es uns die Sprache. Michael zieht das Maßband und misst: sagenhafte 86,5 Zentimeter! Die Waage schlägt bei 15 lbs 2 oz an, das sind umgerechnet etwas über 6,8 Kilogramm. Die Drillinge lassen sich schnell lösen, ich halte die Forelle für ein paar Fotos hoch, und da wird mir ihr imposantes Äußeres erst richtig bewusst. Die Königin des Sees gestattet mir eine Audienz – was für eine Ehre.

Auffällig ist der Laichhaken an dem Muskelpaket und die gar nicht so kleinen Zähne. Diese Queen braucht keine Leibgarde. Noch Minuten später bin ich ziemlich neben der Spur, und erst der Tee und ein gutes Sandwich bei der nachfolgenden Lunchpause bringen mich wieder runter. Ich habe einen absoluten Traumfisch gefangen, viel größer als ich je zu träumen gewagt hätte. Und das am ersten Tag, nach nur wenigen Stunden – allen Erfahrungen nach nahezu unmöglich.

Nach dem Lunch angeln wir noch etwas weiter, brechen dann aber wegen aufziehendem Schlechtwetter ab. In der Lodge feiern wir erst einmal und mit zittrigen Fingern schreibe ich einige SMS: „Mission accomplished“, Mission erfüllt.

Jacek spielt den Heimjoker

Am nächsten Morgen beschließen wir uns den Hechten und Brown Trouts zu widmen. Die Entenschnäbel wollen nicht so recht, aber dafür haben wir eine sehr kurzweilige Angelei beim traditionellen „Dapping“ auf Forellen. Dabei wird mithilfe einer langen Teleskoprute und Rückenwind eine Maifliege oder ein Imitat dieses Insekts an freier Leine auf der Wasseroberfläche abgesetzt – was heute erstaunlich oft und schnell zum Anbiss führt. Eine Forelle geht für das nächste Frühstück mit. Zwei Tage später ziehen wir um auf die andere Seeseite nach Headford ins „Angler‘s Rest Hotel“. Nach einem guten Frühstück treffen wir uns mit Jacek Gorny und Tomi Kurman, den Begleitern für die  weite Etappe.

Die beiden gebürtigen Polen bilden das „Corrib Predator Team“, leben schon seit über sieben Jahren in Irland und sprechen super englisch. Schon bald sind die Boote im Wasser, und wir fahren flaches Wasser an, um dort Hechte zu fangen. Es wird schwül, und ufernah steigen so viele Mücken auf, dass ein Veganer echte Probleme hätte. Bis auf einen Fehlbiss auf einen „Renosky-Shad“ klappt bei mir allerdings nichts. Allein mein Bootspartner Jacek spielt den Heimjoker aus und fängt den Ehrenhecht, dafür aber auch gleich ein Prachtexemplar mit 1,07 Metern Länge. Das macht natürlich Lust auf mehr.

Tags darauf lernen wir alle Varianten von irischem Regen kennen: kleine Tropfen, mittlere Tropfen und große Tropfen sowie Sprühregen. Wir fahren eine ganze Reihe von Buchten an, bleiben allerdings zunächst Schneider. Zur Mittagspause werfen die Jungs einen Grill an und verwöhnen uns mit leckeren polnischen Würstchen. Was nachmittags passiert, ist mir auch noch nicht untergekommen. In einer Bucht legen die Hechte plötzlich los, als gäbe es kein Morgen mehr. Zuerst fangen Jacek und Tomi, dann schließe ich auf: Ein 92  Zentimeter langer Hecht kämpft dermaßen wild, dass nach dem Drill das Boot mit frisch geschnittenem Kraut übersät ist. Der Räuber hat es mit dem Stahlvorfach einfach abgesäbelt und gesammelt. Ihm folgt ein 98er, der auch kaum zu bändigen ist. Nun bin auch ich gut im Rennen und will nur noch die Metermarke knacken, wie bei den Jungs bereits geschehen. Dann wieder ein Biss auf den flachlaufenden Jerkbait, und ein heißer Tanz beginnt. Ich habe vor, den Fisch schon weit abseits des Bootes zu ermüden, damit es in der Endphase nicht wieder so dramatisch wird. Schließlich gelingt es mir, den Hecht ohne Sprünge zum Boot zu lotsen. Aber von wegen müde…

Trotz meiner Rute mit einem Wurfgewicht von mehr als 150 Gramm und der 20-Kilo-Schnur fährt der Hecht noch einmal Schlitten mit mir und rast auf die Ankerleine zu. Ich erhöhe den Druck, halte eigentlich nur noch brutal dagegen. Dann wird die Schnur schlaff, und erschrocken stelle ich fest, dass einer der Drillinge gerade gezogen ist, na super. Dennoch, wir haben in relativ kurzer Zeit 14 Hechte gefangen. Fast die Hälfte davon reißt die magische Metermarke, und nur einer ist kürzer als 85 Zentimeter – was für ein Ergebnis.

Wir fischen tiefer

Nach einer entspannten Nacht und in getrockneten Klamotten stechen wir wieder in See. Heute begleitet uns noch der Fischereiinspektor Kevin Crowley. Auch er ist begeisterter Angler, und beileibe kein Bürohengst. Der Regen ist weg, und der Wind sehr moderat, Grund genug, es nochmal auf Ferox zu versuchen.

Schon bald sind die Ruten bestückt und die Schleppköder im Wasser. Die Sonne strahlt vom Himmel, daher fischen wir tiefer. Bei mir scheint sie anscheinend noch woanders, denn meine Rute verbeugt sich abermals vehement. Nach einem kontrollierten Drill an dem perfekt abgestimmten Gerät ist eine weitere Ferox im Kescher. Mit 79 Zentimetern wird sie zu meiner persönlichen Kronprinzessin. Jetzt bloß nicht vor lauter Selbstgefälligkeit durchdrehen.

Zäher Start auf Hecht, aber Jacek knackt mit seinem 107er „Ehrenhecht“ sogar die Metermarke.

Fortuna scheint mir auch nach der Mittagspause weiter hold, denn wieder schlägt die Rutenspitze aus. Schon bald schraubt sich ein Fisch hinter dem Boot aus dem Wasser. Im Gegenlicht kann ich ihn allerdings nicht genau identifizieren. Dann geht er richtig auf Tauchstation und will gar nicht mehr hochkommen. Das andere Boot kommt längsseits, während ich mein Gegenüber langsam aus der Tiefe pumpe. Dann endlich ist er zu sehen, und meine Enttäuschung wahrscheinlich auch – ein 87er Hecht. Aber auch er lieferte einen Kampf, wie ihn auf dem Kontinent mancher Meterhecht nicht hinbekommen hätte. Die anfängliche Enttäuschung ist dann auch schnell verflogen. Der „Scheinriese“ darf wieder in die Fluten seines Königreichs hinabtauchen.

Am Folgetag geht’s leider wieder zurück in die heimischen Gefilde. Schön war‘s am Hofe der Royals, und gerne werde ich nochmals kommen und um Audienz bitten.

Revier-Infos

RAUBFISCHBESTAND: Hecht, Brown Trout, Ferox Trout, Lachs, Barsch
FUTTERFISCHBESTAND: Rotauge, Rotfeder, Barsch
FLÄCHE: über 178 km²
TIEFE: bis ca. 47 m
UNTERGRUND: viele Felsen im Wasser, Grund zum Teil felsig, aber größtenteils leicht schlammig
WASSER: sehr klar, große Sichttiefe
EXTRA-TIPP: Beim Erstbesuch sollte auf jeden Fall ein Guide genommen werden, das riesige Gewässer und die Steine sind nicht zu unterschätzen.
BESTIMMUNGEN: Geangelt werden darf mit maximal 2 Ruten zum Naturköder- oder Spinnfischen. Pro Tag dürfen höchsten 4 Forellen (davon darf nur eine mehr als 4,54 kg wiegen) und 1 Hecht mit maximal 50 cm Länge entnommen werden. Ebenso ist der Besitz von mehr als einem ganzen Hecht oder mehr als 0,75 kg Hechtfleisch verboten (dies gilt nicht für Personen, die Hechte oder Hechtteile bestimmungsgemäß einlagern). Weiterhin ist der Besitz von mehr als 12 Weißfischen zum Gebrauch als Köder nicht gestattet. Die Lachssaison beginnt am 1. Februar, die Forellensaison am 15. Februar, beide enden am 30. September.
ANGELN VOM UFER: wegen der vielen Steine im Wasser schwierig, es droht Fischverlust im Drill.
BOOTE: diverse Anbieter im Internet unter: www.fishinginireland.info/boathire/corrib.htm
BESONDERHEITEN: windanfälliges Gewässer, Schwimmwesten einpacken!
GASTKARTEN: Eine Lizenz wird nicht benötigt (allerdings sollte man sich mit der freiwilligen Abgabe an die Corrib Fishery in Höhe von 15
EUR konkret am Schutz und Erhalt des Sees beteiligen).
GUIDING: z.B. im Internet unter www.fishingireland.pl
UNTERKUNFT: z.B. „Angler‘s Rest Hotel“ in Headford (im Internet unter www.tuam-guide.com/anglers-rest-hotel.htm) oder Portarra Lodge (www.portarralodge.com). Diverse Möglichkeiten auch über Kingfisher Reisen, Pastor-Klein-Straße 17 – Haus A, 56073 Koblenz, Tel. 0261/91554-0, Fax 0261/91554-20, E-Mail: in fo@kingfisher.de, www.kingfisher-angelreisen.de; Andree‘s Angelreisen, Schöne Aussicht 21, 65523 Niedernhausen, Tel. 06127/8011, Fax 06127/7678, E-Mail: info@aa.de, www.andreesangelreisen.de oder Angelreisen Hamburg, Vögler‘s Angelreisen GmbH, Wendenstraße 429,
20537 Hamburg, Tel. 040/736057-0, Fax 040/7329737, E-Mail: team@angelreisen.de, www.angelreisen.de
ANREISE: Mit dem Flugzeug nach Dublin (z.B. mit Aer Lingus von Düsseldorf oder Frankfurt). Von dort mit dem Leihwagen Richtung Westen nach Galway. Weitere nützliche Informationen auch unter www.discoverireland.com/de/

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