Im 9. Teil seiner Serie berichtet Jan Eggers über Hechte, die ihr Maul nicht voll genug bekommen konnten.
Dieser Hecht nahm sich kurz hintereinander zwei Köderfische. Bild: Jan Eggers
Dieser Beitrag handelt einmal nicht von blutrünstigen Hechten, auch nicht von Hechten, die an ihrer Beute erstickt sind, oder die eine merkwürdige Körperzeichnung haben. Ich will stattdessen von eigenartigen Sachen berichten, die ich in den vielen Angelstunden erlebt habe, in denen ich Freund Esox vor allem mit Kunstködern nachgestellt habe.
Womit soll ich beginnen? Ich habe mir erst einmal mein Foto-Archiv mit merkwürdigen Hechten angeschaut. Dort fand ich noch ein Foto, das auch in diesen Beitrag passt, aber auch die Ausnahme von der Regel ist. Es geht um einen Hecht, der in den 70er oder 80er Jahren des 20. Jahrhunderts auf lebenden Köderfisch gefangen wurde. Ich muss irgendwo in meinem Archiv noch einen Brief von dem Jungangler mit dem Nachnamen Visser aus der Gegend von Nieuwe Niedorp haben, der das Foto machte und mir den Fangbericht schrieb. Der Bericht geht ungefähr so: Zwei Angelfreunde fischten mit Lebendköder auf Hecht, einer bekommt einen Biss und die Pose geht unter. Die Pose mit dem Köderfisch seines Angelpartners wandert langsam zu der Stelle, wo der Hecht die andere Pose mitsamt Köderfisch unter Wasser gezogen hat. Plötzlich verschwindet auch die zweite Pose unter Wasser. Nach einer kurzen Wartezeit schlagen beide an. Verblüfft merken sie, dass sie denselben Hecht gehakt haben und davon wurde natürlich ein Foto gemacht, das mir zur Verfügung gestellt wurde.
Nimmersatte Hechte nehmen manchmal auch zwei Blinker gleichzeitig. Bild: Jan Eggers
So, der Anfang ist gemacht und man kann schon ahnen, wie der Schwerpunkt von Teil 9 meiner Serie lauten wird: Hechte, die mehrere Kunstköder gleichzeitig packen, oder schon einen Kunstköder im Maul haben und dennoch ohne Zögern auf einen weiteren beißen
Wann beißt der Hecht wieder auf einen Kunstköder?
Ich glaube, dass ich vor einiger Zeit im Raubfisch-Forum folgende Frage gelesen habe. Wie lange dauert es, bis ein auf Kunstköder gefangener Hecht wieder auf einen Kunstköder beißt? Ich bin mir zu 200 Prozent sicher, dass ich jedes Jahr aufs Neue eine ganze Reihe derselben Hechte abermals fange, einige mit nur ein paar Tagen Abstand, anderen wiederum einige Monate später. Es gibt meiner Meinung nach dumme Hechte, die mehrere Male pro Jahr auf einen Spinner, Wobbler, Jerkbait, Blinker oder Streamer hereinfallen und auch gewiefte Artgenossen, die sich nur einmal mit Kunstködern fangen lassen.
Vor einigen Jahren habe ich bei einer Jugendveranstaltung des holländischen Hecht-Clubs SNB erleben dürfen, dass sich ein Hecht nur fünf Minuten nachdem er zurückgesetzt wurde, wieder einen Kunstköder geschnappt hat. Einer der Jungangler fing einen Hecht von 51 Zentimetern mit einem zweiteiligen Wobbler, ein Drilling saß fest im Unterkiefer und der andere Drilling hing an der Außenseite des Kiemendeckels. Als ich den Hecht zurücksetzte, hörte ich den jüngsten, achtjährigen Teilnehmer optimistisch sagen: Jetzt werde ich ihn fangen! Er warf seinen Spinner auf den Platz, an dem der Hecht zurückgesetzt wurde, und probierte es dort. Ich höre den Jungangler noch rufen, dass er einen Hecht an der Leine hat und eigentlich glaubte ich es nicht.
Um es kurz zu machen: Ich entdeckte die kleinen Verletzungen der kurz zuvor gelösten Drillinge, kam beim Messen wieder auf 51 Zentimeter und war sicher, dass es derselbe Hecht war, wie schon wenige Minuten zuvor.
Dieser Hecht aus dem Schärengarten bei Trosa und schnappte sich den Swim Whizz während der Rapala noch aus seinem Maul hing. Bild: Jan Eggers
Hechte mit Souvenirs im Maul
Das erste Mal, als ich einen Hecht fing, der noch einen anderen Kunstköder im Maul hatte, war im schwedischen Schärengarten in der Nähe von Trosa. Ich angelte dort mit dem leider viel zu früh verstorbenen dänischen Journalisten und Fotografen Jens Ploug Hansen.
Am ersten Tag fing ich eine geringere Stückzahl als Jens, der mir am Ende des Tages einen blauen Swim Whizz gab, weil er überzeugt war, dass die blaue Heringsfarbe den Unterschied machte. Er hatte Recht, denn am zweiten Tag fing ich viel mehr Hechte auf den blauen Wobbler. Auch einen Hecht mit einem barschfarbenen Rapala J 13 im Maul, der Fisch hatte damit offensichtlich gar keine Probleme. Fragt sich nur, wie lange er den J 13 schon im Maul hatte?
Ray Beck mit dem seltsam gefärbten „Silverpike“, der sich gleich zwei Blinker schnappte. Bild: Jan Eggers
Ein anderer Hecht hatte ein doppeltes Eisen nur weniger als 10 Minuten im Rachen. Es passierte in einem der ersten Jahre, die ich am Großen Sklavensee angelte. Mein Blinker war ein Len Thompson Nummer 2 in Potato Bug-Farbe (Kartoffelkäfer).
Ich angelte zusammen mit meinem besten Angelfreund Bill Tenney und dem guten alten Ray Beck als Guide. Ich hakte einen schönen Hecht, der es schaffte, meine Schnur knapp über dem Vorfach zu sprengen. Schade, vor allem für den Hecht.
Trotz abgerissenem Blinker im Maul nahm dieser Hecht kurz danach wieder einen Blechköder. Bild: Jan Eggers
Neues Vorfach samt Blinker montiert und weiter ging es. Zu meiner Überraschung fing ich nur einige Würfe später den soeben verlorenen Hecht mit dem Vorfach und dem Blinker im Maul.
Später fiel mir auf, dass dieser Hecht ohnehin was ganz besonderes war. Es war ein sogenannter Silverpike, der ein ganz außergewöhnliches Schuppenkleid trägt, aber das kommt in einem späteren Beitrag nochmal an die Reihe.
Dieser Hecht brachte Jan Eggers einen abgerissenen Rapala Magnum wieder zurück. Bild: Jan Eggers
An derselben Stelle verlor ich noch einen Meterhecht auf einen Rapala Magnum 18 cm, weil sich meine Schnur unter einer losen Niete festsetzte. Drei Tage später angelte ich mit dem Guide Raymond Beck und hakte einen schönen Hecht. Ich traute meinen Augen nicht als der Hecht ans Boot kam und ich einen orangefarbenen Magnum 18 cm sah. Ich angelte doch immer mit einem großen Mepps Musky Killer Bucktail Spinner? Hinter meinem Rücken hörte ich Raymond sagen: He is bringing back 10 Dollars (der bringt Dir 10 Dollar wieder zurück). Ja, es war derselbe Hecht, den ich drei Tage zuvor verloren hatte. Der 18 cm Magnum hängt nun in der Sammlung spezieller Souvenirs in meinem Büro und damit angle ich auch nicht mehr.
Auch mit einem schwarz-grünen Jerkbait, bei dem der Wirbel während des Drills mitten durchbrach, ist mir vergleichbares passiert. Noch keine 10 Minuten später kam der alte SNB-Schatzmeister mit einem anderen Boot und einem Hecht von 105 Zentmetern auf uns zu, dem mein Jerkbait noch aus dem Maul hing. Durch diese Geschehnisse habe ich die Vermutung, dass Hechte wenig bis keine Schmerzen empfinden können.
Dieser Hecht aus dem Silsby Lake schnappte sich ohne Zögern zeitgleich die Blinker von Bill Tenney und Jan Eggers. Bild: Jan Eggers
Hechte mit doppeltem Hunger
Zu den bemerkenswertesten Fängen zähle ich die verschiedenen Hechte, die sich mehr oder minder im selben Moment mehrere Kunstköder gleichzeitig geschnappt haben. Das erste Mal, als ich das erlebte, war ich am Silsby Lake in der Provinz Manitoba. Wie so oft angelte ich mit dem besten Angelfreund, den ich je hatte, dem Amerikaner Bill Tenney, der damals schon weit in den 70ern war. Wir hatten eine Wette laufen, die wie folgt aussah: Wer den ersten Hecht am Morgen, Mittag oder Abend fängt, bekommt einen Dollar und für den größten Fisch des ganzen Trips gab es 5 Dollar. Als wir einmal um einen Mittags-Dollar fischten, warfen wir unsere Blinker nahe zusammen aus und ich hörte Bill triumphierend rufen: Pike!! Aber verrückterweise spürte ich auch einen Widerstand und hatte auch einen dran. Bill sagte mir einige Male, ich solle mit meiner Schnur aus der Nähe seines Hechtes bleiben, aber das ging nicht. Kurz vor dem Boot sahen wir, dass beide Blinker im Maul eines Meterhechtes hingen, woraufhin ich einige Fotos machte.
Merkwürdige Drill auf dem Egboetswater: Im Bruchteil einer Sekunde wurden beide Wobbler gepackt. Bild: Jan Eggers
Einen anderen Hecht mit viel Hunger fing ich zusammen mit Jan van Vliet vom Bungalow-Park De Vlietlanden im Egboetswater bei Oostwoud (Niederlande). Wir schleppten kurz hinter dem Boot und gerade als wir unter die Brücke über die Markerwaard kamen, gab es einen kräftigen Schlag in beide Rutenspitzen.
Auch dieser Hecht hatte beide Wobbler im Bruchteil einer Sekunde ins Maul genommen und wir sind uns immer noch nicht einig, wer ihn denn nun eigentlich gefangen hat.
Der „Großmutterliebhaber“ aus Almere. Bild: Jan Eggers
Den außergewöhnlichsten Fall auf diesem Gebiet erlebte ich ein paar Jahre später in Almere. Zusammen mit meinen Angelfreunden Peter Nan und Piet van Sasse schleppten wir vom Noorderplassen zum Weerwater und Peter und ich angelten mit 10 Zoll langen Grandmas direkt im Schraubenwasser. Plötzlich gab es einen kräftigen Ruck und glauben sie es oder nicht, ein schöner Hecht hatte sich beide Großmütter geschnappt. Zeit für ein paar Fotos, denn sonst glaubt einem das kein Mensch. An diesem Tag geschah noch etwas Denkwürdiges, weil ich meinen längsten niederländischen Hecht landen konnte. Ein abscheulich aussehender Hecht mit 122 Zentimetern Länge, der in einem sehr schlechten Zustand war. Die Ursache? Der Hecht war komplett blind und nur sein Kopf war groß. In einem weiteren Artikel befassen wir uns nochmal mit diesem Fisch.