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Meeresangeln in Mittel-Norwegen

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Sie wollen Artenvielfalt und trotzdem kapitale Fische? Dann müssen Sie nach Leka Brygge! Christian Hoch hat das Top-Revier in Mittelnorwegen besucht.

„Das könnte wirklich der neue Camp-Rekord sein“, sagt Horst Hennings, nachdem mein Widersacher zum dritten Mal eine lange Preschflucht hinlegt. So viel steht jedenfalls fest: Ein richtig großer Heilbutt hat sich in gut 50 Metern Tiefe den Storm-Gummi aggressiv gepackt. Doch an die Oberfläche will der Bursche noch lange nicht…

Blick auf die Fjordseite von Leka. Wenn das Wetter mal nicht mitspielt, kann man hier im Windschutz sein Glück probieren.
Über den zahlreichen Unterwasserbergen lauern große Pollacks. Horst beweist es mit diesem gut 90er Fisch.

Es ist Mitte Juli, und zusammen mit Sven Gust und Horst Hennings bin ich zu Gast auf der mittelnorwegischen Insel Leka, genauer gesagt, in der Anlage Leka Brygge. Das brandneue Camp, das von Gro Sorli und ihrem Lebensgefährten Jon betreut wird, lässt keine Wünsche offen. Die Appartements liegen direkt am Wasser und wurden mit viel Liebe zum Detail eingerichtet.

Schöner kann man kaum wohnen. „Wenn das Wasser aufläuft, kommen die Makrelen direkt bis an den Steg“, sagt Gro. Zu gern würden wir noch schnell ein paar Würfe machen. Doch da wir momentan Niedrigwasser haben und keine Fische zu entdecken sind, packen wir erst einmal in Ruhe unsere Koffer aus. „Christian, hier kocht’s!“, dringen Horsts Worte am nächsten Morgen durch die Badezimmertür. Mit der Zahnbürste im Mund, stürze ich ans Fenster. Tatsächlich: Ein großer Makrelenschwarm treibt unmittelbar am Steg Futterfische an die Oberfläche. Ehe ich mich versehe, ist Horst auch schon mit seiner Spinnrute am Wasser. Und es dauert nicht lange, bis sein Blinker attackiert wird. Makrelen satt! Nachdem Horsts Jagdtrieb befriedigt ist, schmieden wir Pläne für unsere erste Ausfahrt. Am Nachmittag soll der noch recht starke Wind nachlassen. Wenn man sich die Seekarte vom Großraum Leka vornimmt, stellt man schnell fest, dass man als Angler die Qual der Wahl hat. Denn es gibt quasi ein Überangebot an potenziellen Hot Spots. Wir entscheiden uns zunächst für das viel versprechende Plateau Steinsflesa, das sich im Nordwesten der Insel befindet. Es wird von teilweise mehr als 300 Meter tiefem Wasser umgeben und riecht förmlich nach Heilbutt und Großdorsch. So zumindest unsere Theorie.

Dorsch- und Pollackangeln vom Feinsten

Am späten Nachmittag bekommt der leider nicht immer so zuverlässige norwegische Wetterbericht tatsächlich Recht, und wir können zum ersten Mal in See stechen. Wir verlassen das Camp in Richtung Südwesten und passieren den Schärengürtel im Westen Lekas. Man sollte hier beim Navigieren keine Experimente wagen und sich möglichst an die vorgegebenen, meist im Plotter vermerkten Fahrstrecken halten.

Wir probieren unser Glück zunächst in Tiefen zwischen 30 und 40 Metern. Vielleicht lässt sich ja ein Heilbutt blicken? Zugegeben: Mal auf die Schnelle in Mittelnorwegen einen Heilbutt fangen, ist sicher recht optimistisch. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Obwohl Sven wahrscheinlich tatsächlich einen Butt-Kontakt am toten Seelachs bekommt, beschließen wir nach einer Weile, etwas tiefer zu fischen. Schließlich wollen wir uns zunächst erst einmal einen groben Überblick über das Revier verschaffen. In der Folgezeit erwischen wir einige schöne Dorsche bis etwa 25 Pfund. Das ist doch schon mal ein guter Auftakt! Doch dann zwingt uns der Wind leider dazu, die erste Stippvisite vorzeitig zu beenden. Und die Aussichten für die kommenden Tage sind nicht gerade rosig.

Fischerei wie in Nordnorwegen

Teilweise bläst der Wind so stark, dass wir selbst die „Notfall-Nummer: Plattfische vom Pier“ abbrechen müssen, weil man sich kaum auf dem Kai halten kann. Die Periode mit traumhaftem Sommerwetter haben wir um ein paar Tage verpasst. Schade eigentlich…

Trotzdem lassen wir uns nicht entmutigen. Schließlich kann man auf  Leka auch über Wasser eine Menge entdecken: angefangen bei den typisch rot-braun schimmernden Bergen, über ein großes Schiffsgrab aus der Wikingerzeit, bis hin zu einer Höhle aus der Steinzeit, in der man Wandmalereien unserer Vorfahren bestaunen kann. Im Camp müssen Sie den „Lagerkoller“ nicht fürchten, denn Sie können sich in einem großen Gemeinschaftsraum mit Gleichgesinnten treffen und dabei leckeren Kuchen genießen, den Gro gerne zusammen mit einem frisch gebrühten Kaffee serviert. Mit Leka Brygge haben Sie sozusagen
das Rundum-Wohlfühlpaket gebucht.

Als der Wind etwas nachlässt, können wir im Nordosten Lekas mit Spinnruten und Gummifischen gezielt kapitale Pollacks bis gut 90 Zentimeter überlisten. „Ist das geil!“, ruft Horst zwischendurch immer wieder, wenn seine Rollenbremse kreischt. Er kann einfach nicht genug davon bekommen. Aber wer will’s ihm verdenken?!

Es hat doch noch mit der großen Platte geklappt: Horst Hennings mit Heilbutt von 21 Pfund.

Auch wenn sich die Pollacks prinzipiell überall zwischen den Schären wohlfühlen, sollten Sie nach strömungsreichen, mit Kelp bewachsenen Unterwasserbergen suchen, die in der Nähe zu tieferem Wasser gelegen sind. Der „Steinstaren“ ist zum Beispiel solch ein Platz. Wir lassen uns jeweils über die rund vier Meter flache Bergkuppe hinwegdriften, werfen die Gummis in die Andrift und bekommen in Tiefen bis zehn Meter auf Ansage die Pollack-typischen, knallharten Bisse.

Dorsch- und Heilbuttalarm

Auch wenn wir es kaum noch für möglich gehalten haben: Wir sollten tatsächlich noch einmal hinaus zum Plateau Steinsflesa kommen. Langsam arbeiten wir uns die Kante hinunter, bis wir in 80 bis 90 Metern Tiefe Fischanzeigen auf dem Echolot ausmachen können.

Schnell sind die Übeltäter dingfest gemacht: richtig gute Dorsche, die
sich auf große Gummifische und tote Seelachse stürzen. Erstaunlich ist die super Durchschnittsgröße, denn die Fische sind durchweg mindestens einen Meter lang. Die Größten bringen knapp 30 Pfund auf die Waage!

Die komfortable Anlage Leka Brygge liegt direkt am Wasser und bietet alles, was das Anglerherz begehrt.

So eine Fischerei habe ich bislang meist nur in Nordnorwegen erlebt. Aber damit nicht genug, denn wir sollten vor Breigrunnen beziehungsweise Steinsflesa auch noch Bekanntschaft mit räuberischen Plattfischen machen. Bei der ersten Attacke bleibt der Fisch allerdings leider nicht hängen. Doch die typischen Zahnabdrücke in Horsts Gummifisch verraten eindeutig, dass es sich nur um einen Heilbutt gehandelt haben kann.

„Das ist ein Butt“, ruft Horst etwa eine Stunde später freudestrahlend, als er nach tollem Drill einen 21 Pfund schweren Heilbutt an die Oberfläche befördern kann. Anschließend folgt noch ein etwas kleinerer Artgenosse. Auffällig ist, dass scheinbar auch die Heilbutts – genau wie die Dorsche – recht tief stehen. Die Bisse kommen alle zwischen 50 und 60 Metern. So auch bei mir. Es ist der letzte Angeltag, die allerletzte Drift, als sich zweifelsfrei ein großer Heilbutt meinen Gummifisch schnappt. Ein heißer Drill beginnt. Mein Widersacher legt
sich gut ins Zeug, reißt mir immer wieder Schnur von der Multi. Im Vorfeld haben Sven, Horst und ich immer wieder scherzhaft vom Camp-Rekord gesprochen, der zu dem Zeitpunkt bei guten 40 Kilo liegt. Als der Heilbutt dann an die Oberfläche kommt, schlackern mir ganz schön die Knie, denn wir schätzen ihn auf gute 50 Kilo. Der Camp-Rekord ist also buchstäblich zum Greifen nahe. Doch leider schüttelt er das Flying Gaff ab und verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Aber irgendwann bin ich sicher nochmal auf Leka – dann hoffentlich mit Happy End.

Revier-Infos

SAISON: April bis Oktober, im Sommer Seelachs und Makrele, Dorsch ganzjährig, Heilbutt vor allem von Mai bis September, auch sehr gutes Tiefseeangeln auf Leng oder Seehecht.
ANREISE: per Auto oder per Flieger nach Trondheim bzw. Rørvik, kurze Fährüberfahrt nach Leka, Flughafentransfer auf Anfrage.
BOOTE: seegängige 19-Fuß-Kvaerno-Boote mit 60-PS-Motor sowie ein 22-Fuß-Kvaerno-Kajütboot mit 115-PS-Motor, jeweils mit Garmin-
Plotter/Echolot bestückt.
UNTERKÜNFTE: unmittelbar am Wasser gelegen, 13 top ausgestattete Appartements für bis zu acht Personen, deutsches TV, freier WLAN-Zugang, Bad mit Dusche und WC, Geschirrspüler, Gefriertruhen im Gemeinschaftsbereich, Trockenraum.
SERVICE: Die Campbetreiberin Gro Sorli und ihr Lebensgefährte Jon sprechen Englisch und kümmern sich liebevoll um ihre Gäste. Sie bieten jedem Angler für den Fischtransport eine Styroporbox an, auch Folie zum Einwickeln der Filets wird gestellt.
KONTAKT: Din Tur, Großenhainer Str. 181, 01129 Dresden, Tel. 0351/8470593 (Büro Ost), 04221/6890586 (Büro Delmenhorst), E-Mail: info@dintur.de, Internet: www.dintur.de.

(Stand 04/2014)

HOT SPOTS:
1. Pollack (rund um Steinstaren im Flachwasserbereich) 65° 11.566 N, 11° 48.536 E
2. Heilbutt (Steinsflesa) 65° 8.835 N, 11° 30.908 E
3. Dorsch (Außenkante Steinsflesa), 65° 8.875 N, 11° 31.158 E
4. Heilbutt (Breigrunnen) 65° 9.698 N, 11° 26.327 E
5. Heilbutt, Dorsch, Seelachs (Plateaus rund um Melsteinen) 65° 11.389 N, 11° 50.431 E

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