Gerd Koch suchte seine erste Liebe heim: den Rhein. Er nahm sich die Buhnen bei Dinslaken vor und gab sich das volle Räuber-Programm
Von Gerd Koch
Am Rhein ist wieder was „drin“ |
Gevater Rhein! Seit meiner Kindheit ziehst du dich wie ein roter Faden durch mein Anglerleben. Niemals vergesse ich die erste Aal-Tour an deine Ufer. Es war in Alrip am Mittelrhein.
An einem frühen Morgen Anfang der 50er Jahre stolperte ich meinem Opa über taunasse Wiesen nach. Es war noch finster und so neblig, dass man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. An deinem Ufer angekommen, nahm ich schemenhaft die Umrisse eines „riesigen Rheinschiffes“ war. Der Geruch von Fisch lag in der Luft. Deine wahre Größe aber, Gevater Rhein, konnte ich nur erahnen. Während ich die Eindrücke verarbeitete, „zauberte“ mein Opa einige Aale aus deiner dampfenden Hexenkücke. Aber noch bevor die Sonne den Nebel auflöste und du dich zu erkennen geben konntest, beendete mein Opa unseren Ansitz. Dennoch bin ich mir heute sicher: Du hast damals mitgeholfen, dass ein leidenschaftlicher Angler geboren wurde.
Heute kenne ich den Rhein besser und möchte den RAUBFISCH-Lesern die Flusskilometer 792 bei Duisburg-Walsum bis km 809 bei Spellen/Ork näherbringen.
Die heiße Meile
1. Station ist der Abschnitt um den Warmwassereinleiter des Kohlekraftwerks Walsum (siehe Karte, Ziffer 1; km 792-793,5). Je nach Wasserstand ist der Kanal direkt beangelbar. Erfolg versprechend ist der Bereich unmittelbar rheinabwärts. Dort tummeln sich Aale, Rapfen, Barsche, Forellen, Döbel, Barben und Zander. Aber auch mit Freund Waller ist zu rechnen. Ein absoluter Hot Spot also, vor allem im Spätherbst und Winter sowie im zeitigen Frühjahr.
Der Grund ist kiesig, mit größeren Steinen dazwischen. Achtung: bei hohem Pegelstand liegen die Buhnenköpfe unter Wasser, wodurch die Hängergefahr steigt. Spinnfischer sollten hier allenfalls mit 10-cm-Gummifischen in Gelb oder Grün und mit leichten Bleiköpfen bis 8 g angeln. Nahezu hängerfrei lassen sich dagegen kleine Spinner und Schwimmwobbler führen. Grundangler fangen mit kleinen Köderfischen und Tauwürmern Aale.
Einige 100 m flussabwärts, nahe der Rheinfähre nach Orsoy, erstreckt sich eine ausgedehnte Flachwasserzone mit abgrenzenden Steinschüttungen. Zahlreiche Kleinfische locken hier die Räuber an. Gleiches gilt auch für das hinter der Straße zur Fähre führende Wendebecken, das bis zur Brücke beangelt werden darf. Im Stillwasserbereich ist Posen- und Grundfischen möglich. Auch Spinnangeln lohnt. Die fängigen Kunstköder: Gummifische mit 8-15 g schweren Bleiköpfen zum Grund-Abklopfen auf Zander und Schwimmwobbler bis 3 m Tauchtiefe. Dabei muss auch mit großen Hechten gerechnet werden. Das Spinngeschirr sollte Würfe bis in die Mitte des ca. 50 m breiten Beckens erlauben.
An der Rheinstrecke selbst, rechts und links des Fähranlegers in Orsoy, liegen weitere Hot Spots. Hier scheinen sich besonders auch Salmoniden wohl zu fühlen. Regenbogen- (bis 7 Pfund), Bach-, Meerforellen und sogar Lachse (geschützt!) kommen vor. Und kurios: Über dem kiesigen, teils sandigen Gewässergrund wurden schon Flundern beim Grundangeln gefangen.
Die Ex-Dreckschleuder
Auf der Reise weiter gen Norden folgt meine 2. Station: der Bereich um die Emscher-Mündung (Karte, Ziffer 2; km 797,5-799). Einstmals einer der dreckigsten Bachläufe Deutschlands, hat sich die Emscher durch die modernen Kläranlagen gemausert. Die Einmündung in den Rhein gilt unter Insidern als guter Tipp für fast alle Räuber. Speziell aber, um fette Aale zu fangen, die auffällig zahlreich vorkommen. Um Tauwurm und Köderfisch an der Strömungskante anzubieten, sind allerdings Grundbleie zwischen 60 und 100 g notwendig. In der Strömung – wo sich die Wasser von Emscher und Rhein verwirbeln – rauben Rapfen. Die beißen auf Spinnköder. Nur Hechte trifft man selten an, dafür aber Waller.
Esox-verdächtiger sind die überhängenden Büsche und Bäume an der Rotbach-Mündung. Mit der Wathose kann man von der Rheinseite her angreifen. Reine Oberflächenköder wie z.B. Popper lassen sich dann zielgenau an vermuteten Hecht-Standplätzen platzieren. Aber auch tief laufende Schwimmwobbler, die über den Grund schrammen und „Staub“ aufwirbeln, fangen.
Im Gegensatz zum Rotbach mit seiner ausgedehnten Flachzone fließt der Lohberger Entwässerungsgraben unspektakulär in den Rhein. Aber trotz der bescheidenen Wassermenge lohnen ein Ansitz oder einige Würfe mit der Spinnrute.
Nur einen Steinwurf entfernt liegt meine 3. Station: Das Kohlekraftwerk STEAG in Möllen mit den anschliessenden Buhnen (s. Karte, Ziffer 3).
Die Erfolgsquelle
Die Temperatur ist auch hier – wie bei Walsum – eine Quelle des Erfolgs: Direkt an der Verladung des Kraftwerks wird 17 Grad warmes Wasser eingeleitet. Lässt es der Pegelstand zu, kann von der Mauer aus geangelt werden. Es herrscht jedoch eine sehr starke Querströmung. Die macht das Posenangeln fast unmöglich. Besser gelingt der Ansitz mit gut haftenden, z.B. sargförmigen Bodenbleien von mind. 80-150 g – bei steil abgestellter Grundrute; oder man greift gleich zur „Spinne“.
Blinker, Spinner und Wobbler bringen Fisch. Beim Spinnen gilt es, den Kunstköder in die Strömung zu werfen, Schnur und Kontakt zum Köder aufzunehmen und ihn – je nach Aktion – langsam bzw. schnell an der Steinschüttung und der Mauer zurückzuführen. Auch Gummifische mit 20-40 g schweren Köpfen fangen; selbst direkt an der Mauer nehmen Zander die Shads. Neben den Glasaugen kommen Rapfen, Forellen, Barsche, Aale und Welse vor. Die heftigste Beißperiode am Warmwassereinlauf bietet natürlich die kältere Jahreszeit, wenngleich eigentlich immer etwas am Haken hängt…
An den anschließenden Buhnenfeldern ist das Grundangeln auf Aal und Zander die gängigste Methode – entweder vom Ufer aus in den Buhnen oder von den Buhnenköpfen her. Bei letzt genannter Variante wird die Montage in den Strom serviert und dann entlang der Strömungskante treiben gelassen. Erfolgt der Ansitz vom Ufer aus, wirft man gegen die Fließrichtung über die Strömungskante. Nachdem die Köder zum Grund abgesunken sind, liegen sie fängig flussabwärts an der Kante. Oft erfolgen Bisse auf den Tauwurm oder Köderfisch, wenn ein vorbei fahrendes Schiff Wellengang erzeugt und den Grund aufwirbelt. Bodenbleie von 60-100 g sind hierbei natürlich Pflicht.
Nerven können allerdings Hänger und Wollhandkrabben, die unsere Leckerbisssen anknabbern. Vor allem im Buhnenfeld zwischen der STEAG und dem Anleger Götterswickerhamm. Abhilfe gegen die Scherentiere schaffen Auftriebskörper bzw. injizierte Luft, die den Köder über Grund halten – und regelmäßige Kontrolle.
Im Bereich der beiden ersten Buhnen nach dem Warmwassereinlauf werden übrigens die meisten Welse gefangen. Da neue Besen gut kehren, empfehle ich für die Bartelbrummer Riesen-Gummifische von 20-30 cm Länge, z.B. den Manhadden von Manns – ein echter Mega-Schwanz! Aber auch Zander sind hier dominant, und knallharte Rapfenbisse erfolgen draußen im Hauptstrom und an der Strömungskante.
Weiter nördlich geht die Reise, an die zander- und rapfenreichen Buhnen der Panzerstraße (km 801-804). Auch nicht zu verachten: die permanent mit dem Rhein verbundene alte Kiesgrube in Mehrum (km 803). Hier lauern kapitale Hechte, und Aale bis 6 Pfund sowie Zander (im Mündungsbereich) und Waller werden gefangen. Und schließlich das Buhnenfeld bei Spellen/Ork (km 806,5-808), in denen Aal und Zander die Brotfische darstellen. Hier zeigt sich der Fluss für Grundangler von seiner freundlichen Seite: kaum Strömung, wenig Hänger.
Das alles lässt meine Liebe zu dir, Gevater Rhein, brennen wie am 1. Tag. Ciao, bis zum nächsten Mal!Foto: Gerd Koch
Der Rhein bei Dinslaken |