Vergessen Sie Stahlvorfächer, die so dick wie Abschleppseile sind. Auch beim Hechtangeln punktet die schlanke Linie.
Als ich mir die Unterwasseraufnahmen am Rechner anschaue, bin ich baff: Die Spinnstange sticht mir stärker ins Auge als der Jerkbait. Dabei ist der immerhin zwölf Zentimeter lang. Wie ein Hecht dieses Gespann wohl beurteilen würde? „Mmh, lecker! Ein fetter Futterfisch – aber Moment, da ist doch etwas faul, den schaue ich mir genauer an. Pah, was ist das denn für eine Montage? Will da jemand Haie fangen? Als würde ich darauf hereinfallen, du blöder Angler. Was für ein Amateur!“
Recht hat er, der Hecht! Man kann sich gut vorstellen, was Spinnstange und Jerkbait in klaren Gewässern für eine Silhouette gegen den Himmel werfen. Da ähnelt das Vorfach eher einem Abschleppseil! Kein Wunder, dass kein Fisch zupackt.
Nächste Sequenz: Jetzt ein Wobbler am nylonummantelten Stahlvorfach. Ebenfalls eine sehr auffällige Geschichte. Nun eine Nummer feiner: 49-fädiger Stahl mit 18 Kilo Tragkraft. Schon unauffälliger, im klaren Wasser aber dennoch gut zu sehen. Außerdem fällt mir auf, wie überdimensioniert meine Wirbel und Einhänger wirken, sogar die Klemmhülsen stören mich.
Wie blind war dieser Hecht? Der Autor fing ihn trotz des fast fingerdicken Stahlvorfachs – wahrscheinlich aber nur, weil das Wasser so trüb war.
Ideenklau beim Streamern
Jahrelang habe ich genau solche Vorfächer beim Spinnfischen benutzt. Und auch damit gefangen, zumindest an welligen Tagen oder in angetrübten Gewässern. Wenn die Fische jedoch zickig werden, zum Beispiel im klaren Freiwasser so mancher Talsperre oder zu Zeiten, wenn kleine Köder auf dem Speiseplan stehen wie jetzt im Sommer, dann hat man mit diesen dicken Vorfächern oft das Nachsehen.
Erkennen Sie das feine Stahlvorfach? Dieser Barsch hat es offensichtlich übersehen – Birger Domeyer freut‘s.
Endgültges Umdenken beim Streamern
Ein endgültges Umdenken erfolgte bei mir, als ich die ersten Erfahrungen beim Streamern auf Hecht sammelte. Hier käme niemand auf die Idee, fingerdicke Stahlvorfächer und riesige Wirbel zu benutzen. Schließlich muss der ganze Krams auch noch geschmeidig geworfen werden können, da achtet man auch auf die Details. Also montierte ich ein relativ kurzes, etwa 30 Zentimeter langes Stahlvorfach, und verband es mit einem dieser kleinen und praktischen Ringe, den so genannten Pitzenbauer Ringen.
Knotenexperten können darauf verzichten und das Stahlvorfach per Albright-Knoten montieren. Ich stehe jedoch auf die kleinen Ringe. Als ich dann wieder mit der Spinnrute am Wasser stand, wunderte ich mich über meine bereits fertig geknüpften Vorfächer. Mannomann, was für Abschleppseile! Diese mussten unbedingt verbessert werden.
Anstatt des dicken Tönnchenwirbels entschied ich mich auch hier für einen kleinen Pitzenbauer Ring, und auch den Einhänger reduzierte ich auf ein gesundes Maß. Haben Sie mal geschaut, was die kleinen Wunderteile für Tragkräfte haben? Die liegen unheimlich hoch. Da kann man getrost auf Varianten heruntergehen, die „nur“ noch 20 bis 30 Kilo tragen. Das reicht dicke. Meine neue Montage gefiel mir, das sah alles schon wesentlich durchdachter aus.
Schauen Sie sich diesen dicken Karabiner und die wulstige Klemmhülse an. Das geht auch eine Nummer feiner, gerade bei so einem handlichen Popper.
Materialien
Für das unauffällige Hechtvorfach wird benötigt: feines Stahl- oder Titanvorfach (z.B. Drennan Seven Strand in 12,7 kg oder Aquateko Knot 2 in 8,16 kg, www.angelcenterkassel. de; Profi Blinker Carbon X Protector in 10 kg, www.profiblinker.de), Pitzenbauer Ringe aus dem Fliegenfischer-Bedarf (z.B. ovale Vorfachringe in 18 kg von Traun River, www.rudi-heger.de), Einhänger (z.B. Fastlock Snaps oder High Energy xxx-strong Fastlock Snaps von Profi-Blinker in Gr. 10-16, www.profiblinker.de), zum Vorschalten ca. 2-3 m Fluorocarbon (z.B. STROFT FC 1 oder 2 in 0,30-0,36 mm, www.aspo-gmbh.de, D.A.M. Damyl Tectan Superior in 0,30-0,35 mm, www.angelsport.de), feine und kurze Klemmhülsen oder das Stahlvorfach per Albrightknoten montieren.
Im Sommer stehen Hechte oft auf kleine Köder! Da kann das Vorfach auch eine Nummer feiner ausfallen.
Wie man sie im klaren Freiwasser noch etwas unauffalliger machen konnte, zeigte mir Kollege Birger Domeyer. Beim Barschangeln schaltet er dem kurzen Stahlvorfach immer ein Stück Fluorocarbon vor, erst dann folgt die geflochtene Hauptschnur. Im klaren Freiwasser wirkt diese Montage noch einen Tick unauffälliger. Warum das Ganze nicht aufs Hechtangeln ummünzen? Die geflochtenen Hauptschnüre störten mich nämlich schon immer, wenn ich den Köderlauf genauer inspizierte. Mit einem zwischen Stahl und Hauptschnur geschalteten Stück Fluorocarbon oder etwas Monofil sieht die ganze Nummer schon wesentlich besser aus. Wunderbar unauffällig, so dass kein Hecht dieser Welt es wieder wagen wird, sich über uns ach so blöde Angler lustig zu machen.