So ein Beißkonzert wie am schwedischen Ånimmen erlebten Markus Heine und Benny Dittmann bisher noch nie.
Ich traue meinen Augen nicht. „Benny, hast Du das gesehen?“ platzt es aus mir heraus. „Die beiden Nachläufer! Unglaublich!“ So ganz ist Benny nicht bei mir, denn er ist voll und ganz auf seinen nächsten Wurf konzentriert. Verübeln kann ich es ihm nicht, bin ich doch genauso aufgekratzt. Wir stehen nämlich mitten unter Hechten, anders kann man das nicht nennen. Seit etwa einer Stunde bekommen wir Biss auf Biss, und die Fische scheinen noch aggressiver zu werden. „Was ist denn passiert?“, hakt Benny nach, als er gerade einen beherzten Anschlag gesetzt hat. Sitzt, seine Spinnrute geht gut in die Knie. „Das hast Du sicherlich auch noch nicht erlebt!“, antworte ich, immer noch total euphorisiert, und löse den 80 Zentimeter langen Hecht vom Jighaken des 16er Shakers. „Dieser Hecht hat seinen Kollegen doch tatsächlich noch kurz vorm Boot überholt und sich den Gummifisch gepackt.“ „Überholt?“, fragt Benny mit großen Augen. Ich erkläre nochmal ganz genau, was gerade passiert ist. Erstens: Ich habe einen Nachläufer bekommen. Zweitens: Am Boot kam ein zweiter Hecht aus der Tiefe geschossen. Drittens: Er zog an seinem Kollegen vorbei und schnappte sich den Köder. Verstanden? Okay, weiterangeln! Das Grinsen meines Freundes spricht Bände.
Angeltag des Jahres
Als wir am Ende des Tages vom Ånimmen zurück zu unserer Unterkunft fahren, klatsche ich Benny auf den Oberschenkel. „Das erlebt man nicht alle Tage!“ Als am Abend auch noch Deutschland gegen Holland gewinnt, es ist Juni 2012 und Fußball- Europameisterschaft, neigt sich ein perfekter Tag seinem Ende zu. Unser holländischer Gastgeber Peter Groenebom sieht das zwar etwas anders, aber zumindest kann er sich über unsere Fänge freuen. Gern geschehen, Peter!
Natürlich starten wir auch am nächsten Morgen wieder Richtung Ånimmen. Fünf Autominuten entfernt wartet ein kleines Boot im Hafen von Lunnevika auf uns. Seine fünf PS reichen dicke, um schnell an die guten Stellen zu kommen. Die Hotspots liegen nämlich förmlich vor den Füßen. So würde es nur etwa zwanzig Minuten bis zu unserem gestrigen Hecht-Platz dauern, eine wunderbare Kante, die etwa zwanzig Meter vom Ufer beginnt und den Grund von zwei auf acht Metern abfallen lässt. Bis wir dort wieder unsere Gummifische spielen lassen, dauert es jedoch bis zum Nachmittag. Denn andere Hotspots halten uns von einem direkten Weg dorthin ab. Der zwölf Kilometer lange Ånimmen ist über kleine Schleusen mit dem riesigen Vänern verbunden, zeigt sich selbst aber mit einer Fläche von etwa 16 Quadratkilometern wesentlich übersichtlicher.
Vor dem Röhrricht ins Netz gegangen: Benny bewundert seinen Traumfisch, einen Meterhecht – am letzten Tag erwischt.
Perfekt für alle Angler, denn die überschaubaren Ausmaße machen den in der schwedischen Provinz Dalsland gelegenen See zu einem Top-Urlaubsgewässer. Mit dem Echolot sind die heißen Stellen schnell gefunden. Denn der bis zu 33 Meter tiefe und lang gestreckte Ånimmen protzt mit wunderbaren Abbruchkanten. Manchmal traut man seinen Augen kaum, wie schnell der Grund abfällt. Zeigte das Lot gerade noch zwei Meter, sind es plötzlich zehn. Unser Lieblingsplatz am Ånimmen wird die etwa drei Kilometer lange Insel Henriksholm, gut zu erkennen an einem imposanten Herrenhaus. Rings um diese Insel zieht sich eine wunderbare Kante entlang. Mal fällt das Ufer schon nach zwei Metern rasch ab, manchmal beginnt diese Kante aber auch erst 20 Meter weit draußen.
Abendstimmung am Ånimmen: Mit einem Echolot sind die Top-Stellen schnell gefunden.
Wie dem auch sei: Immer stehen dort gute Hechte. Wer hier seine Köder entlangschleppt, wird nicht lange ohne Fisch bleiben. Unsere Fänge sind im Schnitt 80 Zentimeter lang, Hechte unter 70 Zentimetern gehen uns fast gar nicht ans Band. Als Freunde des Wurfangelns ankern Benny und ich meistens dicht an der Kante und werfen sie gezielt ab. Als Top-Köder kristallisieren sich etwa 15 Zentimeter lange Gummifische heraus.
Wichtig sind bläuliche oder andere natürliche Designs im Weißfisch- und Maränenlook, Schockfarben bringen uns in dem sehr klaren Wasser des Ånimmens keine Kontakte. Außerdem stellen wir fest, dass die Ausbeute mit dickeren Titanvorfächern wesentlich schlechter ist als mit 49-fädigem Stahl. Sicherlich etwas ungewöhnlich beim Hechtangeln, aber diesen feinen Unterschied können wir ganz klar festmachen.
SEE VOR DER HAUSTÜR
Der Furusjön ist einfach zu beangeln und beherbergt kapitale Fische. Kleine Boote liegen am eigenen Bootssteg der Anglerpension Dalsland.
Ein Highlight des Reviers haben wir uns noch aufgespart: das Hausgewässer der Anglerpension Dalsland, der Furusjön. Dieser etwa zwei Kilometer lange See liegt direkt an der Lodge und ist mit den dort liegenden Booten auch bei windigem Wetter noch sehr gut zu beangeln. Dicke Hechte gibt es auch hier, so verrieten es uns zumindest die Fanglisten in der Pension. Die deutsche Anglertruppe, die vor uns an diesem See urlaubte, langte ordentlich zu: Mehrere 90er Hechte und auch zwei Meterfische konnten sie fangen. Alle Hechte bissen auf Köderfisch. Benny und mir blieben diese großen Hechte leider verwehrt, wir erwischten nur halbstarke Exemplare, so manchen auch auf Streamer. Das Fliegenfischen lässt sich gerade in den Buchten perfekt praktizieren. Der See ist leicht zu beangeln, und die besten Stellen werden auch von ungeübten Anglern schnell gefunden. Das perfekte Ausweichgewässer, wenn’s auf dem Ånimmen zu windig wird, aber auch für den Familienurlaub und diejenigen, die nur mal das eine oder andere Stündchen angeln wollen.
Es rockt am Röhricht
Während unseres Besuches im Juni versuchen wir es natürlich nicht nur an den abfallenden Kanten, sondern auch im Flachwasser. Die vielen Schilfbänke am Ånimmen laden förmlich zum Jerken und zum Angeln mit Spinnerbaits ein. So lotsen wir diese Köder dann auch fleißig durchs Wasser und fangen viele Hechte damit, die allerdings mit gut 60 Zentimetern im Schnitt deutlich kleiner als ihre Verwandten von den Kanten sind. Aber wer in der „Kinderstube“ raubt, sollte auch nichts anderes erwarten.
Ein weiterer Platz erweist sich als absoluter Bringer. Leider beharken wir diesen Bereich des Sees erst zum Schluss unserer Angelwoche, aber zumindest entdecken wir ihn. Dabei handelt es sich um eine mehrere hundert Meter lange Röhrichtbank am nordöstlichen Ufer von Henriksholm. Das Besondere an diesem Hotspot: Vor dem Röhricht ist es nicht nur hüfttief wie an typischen Schilfbänken, sondern es geht auf bis zu sechs Meter abwärts.
Beim Hechtangeln erwischt man immer wieder schöne Barsche. Ein gezieltes Fischen lohnt sich auf alle Fälle.
Und es wimmelt vor Futterfisch, ein Fünf-Sterne-Resort für Hechte! Benny entlockt dieser All-Inclusive-Anlage dann auch den größten Fisch unserer Tour, einen Meterhecht, auf den Zentimeter genau.
Das Wasser des Ånimmens ist sehr klar. Da sind natürlich gefärbte Köder angesagt. Mit diesen Gummis fingen Benny und Markus besonders gut.
Vor dem Röhricht stürzen sich immer wieder um die 30 Zentimeter lange Barsche auf unsere handlangen Gummifische. Im Hechtwahn versäumen wir es leider, intensiver auf Barsch zu angeln. Wenn wir aber mal einen kleineren Köder montieren und gezielt darauf angeln, fangen wir sie auch gleich. Uns wurde von Fischen weit in den 40ern berichtet, und wir sind uns sicher, dass diese am Ånimmen relativ leicht zu fangen sind.
Wenn man nicht, so wie wir, nur die Hechte im Kopf hat. Aber wer mag es uns verdenken?
REVIER-INFOS
Gewässer: klarer See, bis zu 33 m tief, mit sehr interessanten, meist ufernahen Kanten.
Fläche: 16 km²
Länge: 12 km
Raubfischbestand: Hecht, Barsch, Binnenlachs (eher etwas für die einheimischen Profis), Saiblinge, im Winter auch Quappen beim Eisangeln.
Futterfischbestand: kleine Maränen, Weißfische wie Brassen, Barsche
Untergrund: meistens hart und felsig. In den Schilf gesäumten Buchten auch weiche, mit Kraut bedeckte Plätze
Wasser: sehr klares Wasser mit großer Sichttiefe
Methoden: Werfen und Schleppen vom Boot, Top-Stellen sind die ufernahen Kanten, aber auch die Schilf gesäumten Ufer (top im Frühjahr nach der Laichzeit). Wer die ganz großen Sommerhechte will, sollte im Freiwasser mit großen Swimbaits schleppen.
Extratipp: Zwischendurch gezielt auf Barsch angeln, gute Ergebnisse sind vorprogrammiert. Wichtig: ein dünnes Stahlvorfach benutzen, denn als Beifang gibt es garantiert den einen oder anderen Hecht.
Bestimmungen: nur Handangeln sind zulässig, zum Trolling auf Lachs müssen Extrakarten gelöst werden.
Besonderheiten: Aufgrund des sehr klaren Wassers sind natürliche Köderfarben wie Blautöne zu empfehlen.
Gastkarten: erhältlich in der Anglerpension Dalsland, Preise: 50 SEK (Tag), 75 SEK (Woche), 150 SEK (Jahr). Extrakarten zum Lachsschleppen nötig, 50 SEK (Tag), 200 SEK (Jahr)
Unterkunft: Anglerpension Dalsland, direkt am Ufer des Furusjön nah des Städtchens Ånimskog gelegen. Mehr Infos und Buchungen über Andrees Angelreisen, Tel. 06127/8011, www.andrees-angelreisen.de
Anreise: Per Auto mit der Fähre von Kiel nach Göteborg oder Fredrikshavn (Dänemark) nach Göteborg. Von dort dauert es mit dem Auto etwa 1,5 Stunden bis zur Anglerpension Dalsland in der Nähe des Städtchen Åmals.
Tolle Unterkunft zum Wohlfühlen: Die Anglerpension Dalsland bietet sich auch für Alleinreisende an.