Im 7. Teil seiner Serie hat Hechtpapst Jan Eggers besonders verfressene Exemplare unter den Hechten aus seinem Foto-Archiv gekramt.
Der Köderfisch, mit dem Pieter Storms (rechts) seinen ersten Meterhecht fing, steckt noch im Schlund. Bild: Jan Eggers |
Unter dem Köderfisch taucht plötzlich der Schwanz eines großen Brassens auf. Bild: Jan Eggers |
Früher, gerade einmal 60 Jahre her, verdiente ich mir mein Taschengeld mit dem Fang von Köderfischen, aber die Rotaugen und kleinen Brassen über 15 Zentimeter warf ich wieder zurück. Ich dachte sie seien viel zu groß für Freund Esox. Dass man mit Barsch als Köderfisch auch scoren konnte, um mal einen modernen Ausdruck zu gebrauchen, kam mir gar nicht erst in den Sinn.
Big is beautiful
Nach meinem Umzug von den torfigen Veenpoldern rund um Graft- De Rijp an die lehmigen Polder bei Bovenkarspel wurden die Köderfische schon etwas größer, aber nie über 20 Zentimeter lang. Mein größter und meistgebrauchter Kunstköder war der Rapala Jointed in 11 Zentimetern Länge. Durch die Bücher von Fred Buller, das Sammeln von Hechtfängen über 18 Kilo und nicht zuletzt durch den Austausch mit Mitgliedern des Pike Anglers Club of Great Britain (PAC) und der niederländischen Hechtstudiengruppe SNB reifte immer mehr die Überzeugung, dass Kunst- und Naturköder kaum zu groß für Hechte sein können.
Jan Eggers ist neugierig und zieht den Brassen heraus – er ist bereits größtenteils verdaut. Bild: Jan Eggers |
In den Achtzigern begann ich dann mit Rotaugen und Alanden über 30 Zentimeter Länge auf Hecht zu angeln und fing damit viele Meterhechte. Ich hatte auch das Glück, viele Kunstköder in allerlei Größen und Formen im Großen Sklavensee und dem Taltson River zu testen. Den Fang von ungefähr 100 Meterhechten in sechs Tagen fand ich dann gar nicht so außergewöhnlich, obwohl es das sicher war. An diesen tollen Gewässern in Kanada habe ich auch viele Fotos von Hechten gemacht, die vergleichsweise große Köderfische im Magen oder Maul hatten. Obwohl noch der Schwanz einer 70 Zentimeter langen Quappe oder einer 60 Zentimeter langen Maräne aus dem Maul ragten, wurde auch der angebotene Kunstköder ohne zögern genommen.
Unappetitliches Hakenlösen: Unter dieser stinkenden Ratte sitzt Jan Eggers‘ Spinner. Bild: Jan Eggers |
Fred Bullers Faustregel
In einem der Bücher von Fred Buller fand ich eine Faustregel, die auf einer Vielzahl von Praxisbeispielen basiert und folgendermaßen lautet: Ein Hecht kann problemlos einen Beutefisch von einem Drittel seines eigenen Körpergewichts vertilgen.
Ad Kluiters mit einer ziemlich frischen Ratte, die noch im Schlund eines Hechtes steckte. Bild: Jan Eggers |
Gar nicht so verfressen
Die Realität sieht ganz anders aus. Biologen haben festgestellt, dass ein Hecht pro Jahr etwa das 4,5-fache seines Körpergewichtes fressen muss, um normal abwachsen und sich fortpflanzen zu können. Das bedeutet, dass ein Hecht von 10 Kilo im Jahr 45 Kilo Futterfische und andere Beutetiere fressen muss. Ich habe es mehrmals erlebt, dass ein gefangener Hecht kurz vorher eine Ratte gefressen hatte. Ich fand das vor allem deswegen erfreulich, weil ich deutsche Gäste dabei hatte, die nach dieser Erfahrung ab sofort keinen Hecht mehr essen wollten.
An übergroßem Appetit verendet: Aus dem Hechtmaul ragt noch der Schwanzzipfel der Beute. Bild: Jan Eggers |
Tödliche Irrtümer
Jedes Jahr aufs Neue kriege ich Fotos von Hechten zugeschickt, die an einem zu großen Beutefisch erstickt sind, oder an einem Aal, der ihnen in den Kiemen hängen blieb. Erst vor ein paar Wochen kam noch ein Bericht von einem Meterhecht im Fernsehen, der im Noorderplassen bei Almere, an einem 75-Zentimeter-Zander erstickt war.
Ich habe aus lauter Neugier den Zander ebenfalls vermessen und kam dabei auf eine Länge von 77 Zentimetern. Das muss unter Wasser ein gigantisches Gefecht gewesen sein. Drillen sie mal selber einen Zander von dem Kaliber, dann wissen sie Bescheid.
Dieser 77er Zander steckte in einem 111 Zentimter langen Hecht. Bild: Jan Eggers |
Meldungen von Hechten, die gleich große Artgenossen ohne zu zögern angreifen, kommen jedes Jahr rein und es gibt auch regelmäßig entsprechende Fotos. Es sind Hechte dabei, die noch leben und von denen der eine den anderen nicht loslassen will. Ich selbst habe schon einmal zwei ineinander verbissene Hechte wieder auseinander gezogen.
In jedem Jahr werden solche ineinander verkeilten Hechte tot gefunden. Bild: Jan Eggers |
Schleie täglich auf dem Speiseplan
Es ist mir schon mehrere Male und vor allem in Kanada passiert, dass während des Drills von einem 60 bis 80 Zentimeter langen Hecht, sich ein viel größerer Hecht auf den kleineren stürzte und diesen nicht mehr loslassen wollte. Manchmal montierten wir in Kanada sogar einen toten Hecht oder Walleye (amerikanischer Verwandter des Zanders) von 40 bis 50 Zentimetern Länge an einem Hechtvorfach und fingen damit die Großmütter.
Jan Eggers beobachtete, wie der große Hecht den kleinen Artgenossen nahe am Boot packte und ihn schnell verschluckte. Bild: Jan Eggers |
Trauriges Bild: Schon nach zwei Wochen am Ufer bleiben nur noch Knochen übrig. Bild: Jan Eggers |
Keine Angst vor großen Ködern
Ich habe gerade passende Fotos zu diesem Artikel herausgesucht und komme auf 30 Stück. Das sind eigentlich viel zu viele für einen Artikel und daher werde ich zu großen und auch merkwürdigen Hechtködern in einem Folgeartikel das eine oder andere erzählen. Durch all diese Berichte und Fotos habe ich gelernt, dass ein Köderfisch oder Kunstköder für einen Hecht selten zu groß ist. Ich vermute sogar, dass die Bereitschaft auch übergroße Köder zu attackieren, bei kleinen Hechten, die auch ungestüm einen 25 Zentimeter langen Grandma-Wobbler oder einen noch längeren Shad angreifen, noch extremer ist.
Von wegen, Hechte mögen keine Schleien! Esox im Drill mit Tinca im Maul im Drill. Bild: Jan Eggers |
Diese große Schleie steckte kurz vor der Aufnahme noch im Maul des Hechtes. Bild: Jan Eggers |
Teil 6 der Serie „Der Hechtpapst öffnet sein Archiv“…