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Der Tock macht die Musik – nachgehakt bei Sebastian Hänel

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Sebastian mit einem knapp 50 cm langen Barsch - er liebt die Vielfalt seines Hobbys.

Heute ein Fluss in Sachsen, morgen ein Kanal in Schleswig- Holstein, übermorgen eine Talsperre in Bayern – für Sebastian Hänel ist kein Weg zu weit, um sich mit seinen geliebten Zandern zu messen.

Interview: Benny Dittmann, Fotos: Sebastian Hänel

DER RAUBFISCH: Sebastian, aufgrund Deiner Artikel und Filme im RAUBFISCH und bei unserem Schwestermagazin FISCH & FANG zähltst Du momentan zu den bekanntesten Spinnanglern Deutschlands. Warum wird Spinnfischen eigentlich nie langweilig? SEBASTIAN HÄNEL:

Das ist ganz einfach, weil man während der ganzen Zeit so auf den Köder, dessen Platzierung sowie Führung fokussiert ist, dass dies für mich schon fast einen meditativen Charakter erlangt hat. Das Erkunden mit der Spinnrute macht einfach irre Spaß und ist zudem noch extrem vielseitig, da jeder Gewässertyp eigene Regeln aufstellt. Mein Motto: Spinnfischen erdet den Geist.

Sebastian Hänel und sein bislang größter Zander. 1,02 m maß der bullige Elbfisch, gefangen 2013 auf einen „Kauli“.

RAUBFISCH: Du stammst aus dem schönen sächsischen Erzgebirge und bist dort an den zahlreichen Talsperren groß geworden. Was macht den Reiz dieses Gewässertyps aus? HÄNEL:

In Talsperren muss man seinem Zielfisch im Jahresverlauf regelrecht hinterher angeln. Insbesondere Barsche und Zander zeigen da auffällige und sich jedes Jahr wiederholende Muster in Sachen Standplät- ze und Zugrouten. Diese Codes für jede die- ser Wasserwüsten neu zu knacken, macht für mich den Reiz aus. Strukturreiche Tal- sperren fordern mich ungemein, und die Freude über den Erfolg ist dort auch um einiges größer als zum Beispiel im Ham- burger Hafen oder der Tideelbe. Dort ist es, im Vergleich gesehen, nämlich sehr einfach, zum Erfolg zu kommen. Generell liebe ich es, an den verschiedensten Gewässer- typen zu angeln. Kanäle, Naturseen, Bag- gerseen, große Flüssen und das Meer. Erst durch diese Vielfalt lernt man etwas über seine Zielfische und das Angeln selbst.

RAUBFISCH: Zusammen mit einer weiteren Größe der Angelwelt hast Du einen mittlerweile gefestigten Begriff in der Anglersprache geprägt. Wie kam es denn eigentlich zum „Faulenzen“? HÄNEL:

So um die Jahrtausendwende fischte auch ich noch mit dem Anliften der Rute, erkannte aber bald, dass ich diesen langsamen Sprung des Köders, auf den die Zander am Tage besonders reagieren, auch nur mit der Rolle gut hinbekomme. Leider fehlte mir damals noch die harte und schnelle Rute, um die „fiesen“ Absinkbisse auch verwerten zu können. Diese schickte mir dann Jörg Strehlow zu, der in einem Internet-Forum auf mich, meine Fänge und mein Schimpfen über die hohe Fehlbissrate, wenn man über die Rolle fischt, aufmerksam wurde. Darüber erfuhr ich, dass die Technik, die wir fischten, von ihm „Faulenzer-Technik“ genannt wird. Nach einigen Treffen im Jahr 2004 arbeiteten wir darauf- hin mit diesem Begriff und hatten damals nicht die geringste Ahnung, dass dieses lockere Wortspiel einmal namensgebend für eine Methode sein wird, die eine ganze Ge- neration Zanderangler geprägt hat. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, macht mich das schon irgendwie stolz.

RAUBFISCH: Eine Angelmethode allein mit Worten zu erklären, ist immer schwierig. Versuche es trotzdem und fasse das Faulenzen doch einmal in wenigen Stichpunkten zusammen. HÄNEL:

Faulenzen bedeutet nichts anderes, als dass die Rute wirklich nur faul in der Hand liegt und als reines Anhiebs- und Drillwerkzeug fungiert – im Gegensatz zum Jiggen, wo der Köder ja aktiv mit der Rute beschleunigt wird. Bei der faulen Technik zeigt die faul gehaltene Rute Richtung Köder, und einzig die Rolle startet den Gummifisch mit einer oder zwei Umdrehungen vom Gewässerboden. Anschließend lässt man den Bleikopf an straffer Leine wieder zum Grund segeln, erkennt das Auftippen am Erschlaffen der Angelschnur oder spürt den faszinierenden „Tock“.

Dieser Baby-Zander dürfte wohl einer der kleinsten Exemplare sein, die Sebastian je gefangen hat.

Zur Person

Name: Sebastian Hänel

Geburtsjahr: 1984

Beruf: Forstwirt

Angeltage/Jahr: ca. 70

Lieblingsmethoden: Faulenzen & Jerken

Größte Fänge: Zander: 102 cm, Barsch: 51 cm, Hecht: 110 cm, Aal: 93 cm, Meerforelle: 76 cm.

RAUBFISCH: In Deinen Köderkisten tummeln sich fast ausschließlich die „Zanderkant Kaulis“, an deren Entwicklung Du maßgeblich beteiligt bist. Was macht diesen Gummifisch Deiner Meinung nach so fängig? HÄNEL:

Das sind für mich drei Faktoren: ein defensiver Lauf, eine hohe Frequenz, wenig Druckwelle. Gerade diese Punkte vereinen sich im „Kauli“ und sprechen Zander be- sonders gut an. Durch seine schlanke Form und das weiche Material lässt er sich au- ßerdem besonders gut ohne Extradrilling fischen, was mir persönlich ohnehin viel lieber ist. 2010 kam dann der etwas lebendiger laufende, neun Zentimeter lange „Junior“ und drei Jahre später der 16 Zentimeter lange „Megakauli“ in den Handel. Im Grunde fangen aber auch fast alle Gummiköder anderer Hersteller ihre Fische. Es ist nämlich der Angler selbst, auf den es ankommt. Nicht allein auf den Köder!

Sebastian fühlt sich an allen Gewässertypen zuhause und beangelt dort alles, was Zähne hat.

RAUBFISCH: Mittlerweile arbeitest Du ja auch an einer eigenen Zanderrute. Die „ZANDERKANT“ wird schon bald im Handel erhältlich sein. Worin liegen die Stärken dieser Rute? HÄNEL:

Zusammen mit meinem Kollegen Philipp Feist habe ich versucht, eine Rute zu entwickeln, die sich an alle „Faulenzer“ richtet, egal ob am Fluss, See oder Kanal. Der Absinkbiss ist überall der gleiche und muss so schnell wie möglich pariert wer- den! Die ZANDERKANT-Rute zielt daher voll auf Schnelligkeit und Schnellkraft ab, um genau diese spitzen Fallbisse sicher in den Drill zu bekommen. Besonders bei Wind, auf Distanz, in größeren Tiefen oder in Stromwirbeln. Eine schnellere Rute gibt es nicht!

RAUBFISCH: Mal eben eine neue Rute entwickeln zu wollen, klingt auf jeden Fall einfacher als es ist, oder? HÄNEL:

Definitiv. Es gehört schon etwas Mut dazu, einen bis in die Spitze steifen Blank mit einem WG von 15 bis 90 Gramm auf den Markt bringen zu wollen, der so garantiert polarisieren wird. Dank unseres Partners Quantum und dem Artworker Adrian Prus bin ich aber guter Dinge. Die Jungs sind wirklich spitze und haben auch schon mit Projekten wie dem „Joker“ oder dem „Pelagic“-Shad Mut zu Speziellem bewiesen.

RAUBFISCH: Kannst Du schon sagen, wo man die Rute kaufen kann und was sie ungefähr kosten wird? HÄNEL:

Für mich sind Ruten zu allererst Arbeitsmittel und Werkzeug. Es kommt immer auf Funktionalität an, weshalb wir auch auf Schnickschnack verzichten und eine robuste, funktionale Rute aufgebaut haben. Im Handel wird die Rute wohl so um die 140 Euro kosten. Für eine solch hochwertige Rute ein durchaus erschwing- licher Preis. Es lohnt sich also, demnächst mal auf www.Die-Zanderkant.de vorbei zu schauen.

RAUBFISCH: Dein Lieblingsfisch gilt ja bekanntlich als launisch. Zu welchen Bedingungen lohnt sich die gezielte Jagd auf die Stachelritter am meisten? HÄNEL:

Meiner Meinung nach bei konstanter Wetterlage! Egal ob diese aus Tief- oder Hochdruck besteht. Wechselhafte Großwetterlagen oder starke Abkühlungen zählen eher zu den schwierigeren Phasen. Je flacher ein Gewässer, desto härter fällt auch die Reaktion der Zander auf diese Schwankungen aus. Wichtig ist es auch, vor dem Wetterwechsel am Wasser zu sein. Da drehen die Glasaugen oft noch richtig durch und kommen in einen wahren Rausch. Auch die Phasen kurz vor und nach Vollmond sind besonders spannend. Wer beispielsweise beim Ju- ni-Vollmond nicht draußen ist, dem ist nicht zu helfen.

RAUBFISCH: Du bist nicht nur
viel am Wasser, sondern auch immer wieder auf Messen und zu Seminaren unterwegs. Welche Fragen hörst Du dabei am häufigsten? HÄNEL:

(lacht) In der Tat ähneln sich die Fragen, egal, ob ich gerade im hohen Nor- den oder im tiefsten Süden der Republik unterwegs bin. Eine ganz typische und wohl auch die häufigste Frage: Welche Ru- te benutzt du zum Gummifischangeln auf Zander? Antwort: Sie muss direkt und schnell sein, um die mit der Faulenzertechnik produzierten Absinkbisse parieren zu können, die ja auf den fallenden Köder er- folgen. Je weicher die Spitze, desto mehr Schnellkraft geht im entscheidenden Moment verloren. Das Wurfgewicht ist da keine verlässliche Größe und sagt nichts über die Schnelligkeit eines Rutenblanks aus. Testen ist also die Devise, oder man bestellt sich die ZANDERKANT-Rute, die alle Fragen beantworten sollte, wenn man sie das erste Mal in der Hand hat.

Sehr oft höre ich auch: „Bei uns ist es schwer, überhaupt einen Zander zu fangen, wenn überhaupt, dann werden nur Große gefangen.“ Dieses „Problem“ liegt oft daran, dass in vielen Gewässern einfach die Voraussetzungen für die Bildung einer guten Zanderpopulation fehlen. Nährstoffgehalt und die damit verbundene Trübung sind in den meisten Vereinsgewässern nicht vorhanden. Durch Besatz sind aber Zander im Gewässer, die dann als große Einzelgänger hier und da mal gefangen werden. Vermehren können sich diese aber nicht, obwohl sie laichen. Die Brut kommt in den zu klaren Gewässern einfach nicht durch.

RAUBFISCH: Neben den Besuchern treiben sich natürlich auch jede Menge „Angelpromis“ auf Messen herum. Welche Angler haben Dich dabei am meisten beeindruckt. HÄNEL:

Das lässt sich schnell beantworten. Mit Stefan Seuß lässt sich nach Messeschluss am besten feiern und weggehen, Auwa Thiemann war durch seine lockere Art zu Lebzeiten immer eine Bereicherung für jeden Messetag. Großen Respekt habe ich vor Bertus Rozemeijer, Henk Simonz und Uli Beyer. Diese Männer glauben an das, was sie tun, haben grandiose Ideen, viel Ausdauer und das Glück, an perfekten Angelrevieren zu leben.

RAUBFISCH: Apropos Reviere, die Gewässervielfalt ist in Deutschland immens. Welches würdest Du einem Zanderspinnfischer ohne Boot raten? HÄNEL:

Wer ohne Boot erfolgreich sein will, der sollte als erstes an Flüsse wie Elbe, Rhein, Oder oder Weser denken. Je weiter man stromab Richtung Mündung kommt, desto größer sind die Chancen auf Zander Gute Stillgewässer sind meiner Meinung nach die Hohenleuben- und Bleilochtalsperre in Thüringen und natürlich diverse aktive Baggerseen in Nähe der genannten großen Ströme. Ebenso rate ich zum „Elbe-Havel-Kanal“, „Mittelland- kanal“, „DEK“, der Küstenkanal ab Oldenburg und zum „NOK“. Überall dort lässt es sich hervorragend auf Zander vom Ufer aus fischen.

RAUBFISCH: Lassen wir den Zander kurz mal Zander sein. Welche Fischart hat Dich in der letzten Zeit besonders in ihren Bann gezogen und warum? HÄNEL:

Das Jerken auf Hechte finde ich extrem faszinierend. Die brutalen Attacken auf Sicht sind einfach der Wahnsinn! Barsche faszinieren mich ebenfalls, weil sie mit zunehmender Größe immer heikler werden und für einen schönen „Tock“ beim Absinken des Gummifischs sorgen können. Mein Traum wäre es, einmal auf Barramundi fischen zu können. Er sieht dem Zander ziemlich ähnlich, langt allerdings bedeutend härter zu.

RAUBFISCH: Wo wir schon bei Träumen sind. Was wünschst Du Dir für alle Angler in Deutschland? HÄNEL:

Das ist einfach. Als erstes müssen die Bürokratie abgebaut werden und die sinnfreien Reglementierungen zum Erliegen kommen. Ein liberalisiertes und für ganz Deutschland geltendes Bestimmungswerk würde die Menschen näher zusammenrücken lassen, anstatt sie wei- ter auseinander zu dividieren. Zeitgleich würde es unserem Hobby einen positiven Aufschwung geben. Ein gutes Beispiel ist Holland mit seinem staatlichen VIS-Pass. Für uns bedeutet das: Endlich weg vom föderalen, zersplitternden Unsinn, hin zur längst überfälligen Einheit.

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