Vorsicht explosiv: der Seelachs im Drill. Die erste Flucht ist an Rasanz kaum zu überbieten: 50, 80, 100 Meter Schnur sausen von der Rolle.
Von Henning Stühring
Es knallte in nur zehn Metern Wassertiefe. Unmittelbar vor dem Biss erfolgte eine Fehl-Attacke auf den Pilker. |
Rumms – was ist mir da bloß ins Geschirr gestiegen? Es fühlt sich an wie ein nasser Sack. Ein Hänger kann es nicht sein, da mein Pilker in 40 m Tiefe trudelt – bei 400 m Wasser unterm Kiel. Augenblicke später kommt Fahrt in den Sack. Meter um Meter Schnur wird nonstop von der Spule gezogen: Ein großer Räuber gibt Vollgas, marschiert senkrecht in die Tiefe.
20, 30, 40, 50 m – und endlich, nach einer Drillflucht von 60 m, zeigt die Rollenbremse Wirkung beim gehakten Fisch. Nun kommt der anstrengende Teil: Pumpen, was das Zeug hält! Aber mit Gefühl, denn der Räuber will nicht nach oben, legt immer wieder kurze Zwischenfluchten ein. Da nützt es nichts, mit roher Gewalt gegenzuhalten. Das gespannte 0,30er Monofil singt im Wind, und Materialbruch riskiere ich nicht.
Endlich, nach viertelstündigem Ringen, schwappt das Kraftpaket an die Oberfläche. Es ist ein Seelachs (Köhler) von 13 Pfund – 95 cm stromlinienförmige Muskelmasse.
Kraftakt mit Dehnung
Köhler-Drills machen richtig Laune, und ihr Fang ist relativ einfach. An Gerät genügt eine steife Hecht-Spinnrute, kombiniert mit einer mittleren Multi- oder Stationärrolle. Allerdings ist eine zuverlässig und ruckfrei arbeitende Bremse Voraussetzung, um die harten Fluchten zu parieren. Deshalb sind geflochtene Schnüre nicht ratsam. Die fehlende Dehnung lässt im Drill die Haken leicht ausschlitzen. Elastisches Monofil hingegen bietet den nötigen Spielraum. Auch, um gegebenenfalls die Bremse während des Kraftakts zu lockern.
In den stabilen Salzwasser-Wirbel klicke ich Pilker, vorzugsweise schlanke, gebogene Modelle. Die taumeln besonders lebhaft in die Tiefe. Das Gewicht des Pilkers wähle ich nie über 70 g. Auch nicht bei starker Drift. Denn erstens habe ich keine Lust, mir mit 200-g-Eisen einen Wolf zu kurbeln. Und zweitens stört ein Schnurbogen nicht, solange der Verführer auf Seelachs-Tiefe zwischen 20 und 60 m sinkt. Die erreiche ich locker, da meine 0,30er Schnur aufgrund des relativ geringen Durchmessers nur wenig Strömungswiderstand bietet.
Bei der Farbe vertraue ich auf Silber/Blau, und vor allem Silber/Grün. Wahrscheinlich, weil ich damit meinen ersten Köhler überzeugte. Kollege Frank jedenfalls fing auch mit rot-gelben Pilkern.
Einig sind wir uns darin, dass Beifänger nicht sein müssen. Knallen nämlich 2 oder mehr Seelachse gleichzeitig auf die Köder, kann es durchaus passieren, dass der schöne Tannenbaum arg zerzaust wird. Dann lieber Pilker solo, und den einen Köhler sicher landen. Es könnte schließlich der Traumfisch sein!
Pilken im D-Zug-Tempo
Doch wo kann der Traum wahr werden? Unser Top-Revier ist der Romsdalfjord. Vor den Felsen über tiefem Freiwasser muß immer mit den vagabundierenden Schwarmräubern gerechnet werden. Dort lässt man die Pilker etwa 60 m tief absinken. Das erkennen wir mit Blick auf unsere Peilmarken an der Schnur, die mit einem Edding-Stift gesetzt sind.
Es folgen die Pilk-Bewegungen. Aber bitte einen Takt schneller als beim Kutterangeln in Ostsee-Gefilden. Einige Experten schwören auf Geschwindigkeit total: Sie kurbeln den Pilker im D-Zug-Tempo nach oben – und fangen damit! Geschmackssache eben. Bisse können noch dicht unter der Wasseroberfläche kommen. Deshalb konzentriert pilken, bis der Köder in Sichtweite ist. Beißt nach 5-10 Versuchen nichts, wird die Drift an einer anderen Stelle fortgesetzt. Irgendwo wird es schon rummsen!
Geräte-Kiste von Henning Stühring
- Rute: Steife 2,40-2,70 m Spinnrute mit 20-60 g Wurfgewicht.
- Rolle: Abu Ambassadeur Classic 4601 C3 (Linkshand).
- Schnur: Stroft Fluor 0,30 mm.
- Köder: Eisele Pro Select Pilker 50-70 g in Silber/Grün und Silber/Blau.
- Wirbel: Søvic Hochleistungswirbel Gr. 4.
Foto: Verfasser
Drill-Kraftprobe am Hecht-Geschirr. Leichter fischen macht nicht nur mehr Spaß, sondern fängt auch besser. |