Eine Liebe auf den ersten Blick – Mathias Fuhrmanns Beziehung zu den kapitalen Meerforellen in der Ostsee.
Von Mathias Fuhrmann
Mein Tipp: Solche Fänge machen zu zweit noch mehr Spaß. Einer fährt das Boot, der andere kümmert sich um die Ruten – und beim Drillen wechselt man sich ab. |
Glück muss der Angler haben! So wie ich vor einem Jahr mit den Meerforellen. An jenem Oster-Wochenende 1999 schleppten meine Freunde und ich das erste Mal gezielt auf die Salmoniden der Ostsee.
Am ersten Tag waren wir mit 2 Booten unterwegs und fingen eine Meerforelle von 50 cm und 4 schöne Dorsche. Das fing ja schon ganz gut an, aber der Paukenschlag sollte erst noch kommen …
Am nächsten Tag waren wir wieder draußen. Zunächst stiegen ein paar Dorsche ein. In Gedanken war ich schon bei den leckeren Filets, da fing plötzlich meine linke Schlepprute heftig an zu schlagen. Ein Fisch nahm Schnur! Im selben Moment sprang 10 m neben unserem Boot eine gewaltige Forelle aus dem Wasser. Hektik brach aus und alle sprangen auf. Sven war als Erster an der Rute und hatte viel Mühe, sie gegen den Druck des lospreschenden Fisches aus dem Halter zu bekommen. Unterdessen holten Ralf und ich rasch die anderen Ruten ein.
Der Fisch war inzwischen noch einmal gesprungen und nahm ununterbrochen Schnur. Endlich konnte ich meine Rute übernehmen und stellte die Rollenbremse zum Drillen etwas fester ein. Langsam, ganz langsam gelang es mir, die abgezogene Schnur wieder einzuholen. Ralf hielt den großen Lachskescher zur Landung bereit. Aber denkste! Kaum sah die Forelle das Netz, unternahm sie eine lange Flucht. Das Spielchen wiederholte sich noch einige Male, bis die Forelle endlich im Kescher lag – nach einer halben Stunde Drill.
Erleichtert stießen wir einen Jubelschrei aus. Der Lohn unseres Teamworks: eine kapitale Meerforelle, die 91 cm maß und genau 17 Pfund wog. Für mich der Beginn einer großen Leidenschaft: das Bootsangeln auf die silbernen Schätze der Ostsee.
Zwischen Wat- und Trolling-Zone
Damit meine ich das leichte Schleppen. Allerdings ohne Downrigger, mit dem die Technik-verliebten Trollingprofis ihre Kunstköder auf Tiefen von meist über 10 m bringen. Die Wat-Angler hingegen erreichen vom Strand aus eher die flachen Bereiche bis 3 m. Meine Methode liegt eigentlich genau dazwischen, bietet mir aber auch die Möglichkeit, die Köder bis zur 20-m-Marke marschieren zu lassen.
Dazu benötigt man ein Boot, das 300 kg Leergewicht inklusive Motor nicht überschreiten sollte. Je leichter, desto bequemer fällt das Wassern. Ein Echolot und ein GPS sind sehr hilfreiche Begleiter, aber nicht unbedingt erforderlich.
An Angel-Ausrüstung wird benötigt:
- zwei schwere Spinnruten mit 0,30 mm monofiler Schnur
- 2 mittlere Pilkruten mit 0,20 mm geflochtener bzw. 0,35 mm monofiler Schnur
- Multirollen, besonders mit Zählwerk, haben sich am besten bewährt, obwohl man zur Not auch mit Stationärrollen zurecht kommt.
- 2 stabile Rutenhalter, die im hinteren Drittel des Bootes angebracht werden
- 2 weitere Rutenhalter, die ich mir aus Wasserrohren gebaut habe. Darin kann ich die Gerten senkrecht stellen, was besonders bei der Angelei mit Planerboards notwendig ist, um mit 4 Ruten gleichzeitig schleppen zu können.
Kommen wir zu den Tauchhilfen, die auch unsere leichten Köder auf Tiefe bringen. Dazu bietet der Fachhandel Tauchschaufeln, Paravans, Slide-Diver (auch Dipsy-Diver genannt) und Schleppbleie an. Besonders bewährt haben sich die Slide-Diver. Sie besitzen einen Clip, der beim Biss ausgelöst wird und somit den größten Druck von der Schnur nimmt, was den Drill um einiges erleichtert. Nützlich ist auch, dass die Slide-Diver auf Rechts- bzw. Linksbetrieb eingestellt werden können. Dadurch laufen sie bis zu 1O m seitlich versetzt neben dem Boot und bis zu 15 m tief. Das erleichtert die Kontrolle über die Schnüre erheblich und lässt unsere Köder ein großes Gebiet absuchen.
Testlauf für Wobbler und Blinker
Um den Wobbler oder Blinker in der gewünschten Tiefe anzubieten, wird zunächst ein Testlauf vom Boot aus gestartet: Dazu die Montage solange ablassen, bis sie den Grund berührt – aber bitte nur bei sandigem Boden, sonst drohen Hänger. Dann, beim nächsten Mal, nur noch auf halbe Tiefe runterlassen. So stellen wir sicher, dass z.B. im Mittelwasser geangelt wird.
Als Schlepp-Gerten haben sich weiche Pilkruten aus Glasfaser oder Carbon mit hohem Glasfaser-Anteil bewährt. Sie federn die Stöße durch Wellen besser ab, wodurch es seltener zu Fehlauslösungen kommt. Als Vorfach benutze ich immer durchsichtiges Monofil, das ungefähr 2-3 m lang ist. Daran wird ein leichter Blinker oder Wobbler montiert. Beim Biss schlägt sich der Fisch in der Regel selbst an. Knallt es, ist es ratsam, erst die anderen Ruten einzuholen, bevor man den Fisch ausdrillt.
Im Gegensatz zum Wat-Angeln hängen die Forellen (und Dorsche) beim Schlepp-Fischen meist fest im Maulwinkel. Trotzdem sollten die Fische nicht zu hart gedrillt werden. Es wäre doch schade, wenn nach stundenlangem Drill der Traumfisch kurz vor dem Boot verloren ginge.
Werfen wir ein Auge auf das Oberflächen-Schleppen in Tiefen von 0,5-2 m. Es erfolgt entweder mit einer Spinnrute oder „Planerboards“. Die einfachste Methode ist die Spinnrute, an der ein Wobbler oder Blinker (z.B. der Abu Toby oder Viking Hering) ohne Tauchhilfe geschleppt wird.
Zusätzlich können Planerboards zum Einsatz kommen. Die bewirken, dass der Köder aus dem Schraubenwasser herausgenommen wird – eine sehr fängige Methode, besonders für scheue Forellen. Bedenken Sie allerdings, dass Planerboards nicht überall erlaubt sind.
Gespanne zum Probieren
Für die Anordnung der Schleppköder gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Der Reiz und das Geheimnis des Erfolgs liegen gerade darin, zu probieren und variieren. Denn nur dann stellen sich beim Schleppen regelmäßig Erfolge ein.
Über die Schlepp-Geschwindigkeit kann man streiten. Ich fahre meist mit 4-5 km/h, bei sehr ruhigem Wetter auch mit 3-4 km/h. Einsteiger sollten zunächst nur 2 Ruten auslegen. Erst wenn sich ein Gefühl für das Boot und seine Bewegungen einstellt, kann aufgerüstet werden. Und legen Sie eine möglichst geradlinige Fahrweise ohne enge Kurven hin.
Bei der Schlepptiefe ist grundsätzlich Testen angesagt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Forellen oberflächennah (2-3 m flach) gebissen haben. Dennoch sollte zumindest ein Köder tiefer laufen. Nur wenn die Dorsche allzu lästig werden, wechsle ich konsequent in die oberen Etagen.
Vergessen Sie aber bei allen Meerforellen-Träumen nie die persönliche Sicherheit: Schwimmwesten gehören immer an Bord, und bei zu starkem Wind lässt man die Meerforellen lieber in Ruhe – bis zur nächstmöglichen Ausfahrt bei ruhigerem Wetter.