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Vertikalangeln auf Hecht

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Dietmar Isaiaschs Rezept auf Hecht im Winter: Suchen Sie die Hechte an den tiefsten Stellen und halten Sie ihnen die Köder direkt vor die Nase.

Kalter Ostwind pfeift über den See, bildet eine Welle nach der anderen. Weißer Schaum krönt die Spitzen. Es ist Ende Oktober, und außer mir ist niemand auf dem Wasser. Der Fisch steht tief, sehr tief. Erst ab 15 Meter zeigt das Echolot größere Ansammlungen an. Die Weißfische haben sich zu großen Schwärmen formiert und schweben als dicke Wolke dicht über dem Gewässergrund. Leichte Erhebungen und unauffällige Striche in der Nähe der Futterfische verraten die Räuber. Mit voller Kraft schiebt mein E-Motor das Boot Stück für Stück gegen die Wellen. In der einen Hand habe ich den Steuerknüppel, in der anderen die Rute.

Trotz eisiger Kälte war dieser Hecht aktiv. Je kälter das Wasser, umso länger muss der Köder in der Schwebe pausieren.
Wolke über Grund: Die Futterfische sind schon mal gefunden.

Zentimeter für Zentimeter klopft mein Jig den Gewässergrund ab. Der 30 Gramm schwere Kopf aus Blei ist mit einem großen „Slow-moving“-Gummifisch garniert. Kaum hat der Köder den Boden berührt, befördere ich ihn auch schon wieder mit einem zügigen Ruck aus dem Handgelenk in die Höhe, etwa 20 Zentimeter. Dann pendelt er für mindestens 30 Sekunden in der Schwebe aus, bevor ich ihn an straffer
Schnur wieder zum Grund lasse. Leider kommt kein Biss, also geht das Spiel von vorne los…

Neue Stelle, neues Glück. Wie ein Blitzschlag fährt der Biss durch die Rute. Der Anhieb sitzt, jetzt bloß die Schnur auf Spannung halten. Die Rute neigt sich und die weiche Spitze fängt die Fluchten problemlos auf. Doch statt der gewohnten Kopfschläge macht der Fisch am Ende der Schnur eher ruhige Fluchten. Lange zieht er im Mittelwasser seine Runden und kommt dann aber endlich an die Oberfläche – kein Zander, sondern ein wirklich guter Hecht.

Vom Beifang zum Zielfisch

Bis vor wenigen Jahren kam so etwas bei mir während der Herbst-Winter-Saison etwa ein halbes Dutzend Mal vor. Zander hingegen gingen in dreistelliger Anzahl an den Vertikalköder. Heute sieht die Sache anders aus: Es vergeht kaum ein Tag, an dem meine Frau Carmen und ich nicht mindestens einen guten Hecht im Boot haben. Darunter auch etliche Kapitale über 110 Zentimeter.

In der Saison 2012/2013 konnte Dietmar 29 kapitale Winterhechte bezwingen.

Beim winterlichen Vertikalangeln spielt der Hecht inzwischen eine ganz wichtige Rolle – nicht zuletzt weil Carmen den Drill der torpedoförmigen Räuber sehr schätzt. Und so fischen wir immer wieder ganz gezielt auf Meister Esox. Unserer Erfahrung nach ist das Vertikalangeln die optimale Methode, um Winterhechte zu überlisten. Und das hat handfeste Gründe: Viele Gewässer werden immer klarer, und damit verschiebt sich das Nahrungsangebot für die Räuber. In etlichen Talsperren und großen Seen kommen neben Weißfischen immer mehr Maränen vor. Sie werden zur Leibspeise der Hechte. Die Räuber folgen den Edelfischen in die Tiefe und fressen sie auch während des Winters. Die Nahrungsaufnahme der Hechte ist dann zwar reduziert, aber  meiner Meinung nach größer, als früher angenommen wurde.

Noch vor wenigen Jahren fingen wir im Winter die Zander  beispielsweise in 15 Metern Tiefe, die Hechte und Barsche hingegen viel flacher, schon auf etwa neun Metern. Heute stehen Hecht, Zander und Barsch auf einem Haufen, und nicht selten ist Freund Esox sogar im tiefsten Loch des Sees zu finden – selbst jenseits der 20-Meter-Marke.

Ich habe daher meine Vertikaltechnik diesen Verhältnissen angepasst: Alles läuft in der kalten Jahreszeit ein wenig lang-samer ab – das Jiggen und auch die Drift. Was jetzt mehr denn je zählt, ist das Auffinden der Löcher mit dem Echolot. Habe ich eines gefunden, fahre und fische ich es, wie gesagt, langsam aus, am besten von der flacheren Kante bis ins tiefste Wasser.

Dabei darf der Abstand zwischen Rutenspitze und Wasseroberfläche auf keinen Fall zu groß sein – maximal 30 Zentimeter. Ansonsten greift der Wind in die Schnur und macht eine ruhige Köderführung unmöglich. Die Schnur zeigt nahezu senkrecht Richtung Gewässergrund. Das ist im Winter sehr wichtig, denn wer diagonal fischt, fängt deutlich weniger.

Dietmar drillt. Warm verpackt macht das Winterangeln großen Spaß.

Durch stückweises Abziehen der Schnur von der geschlossenen Stationärrolle (über die Bremse beziehungsweise durch Druck auf die Baitcaster) oder durch Einkurbeln überflüssiger Leine halte ich den Jig in Grundnähe und die Rutenspitze knapp über dem Wasser.

Lieber schwerer als zu leicht

Der Bleikopf muss, abhängig von der Drift, bedingt durch Wind und Strömung ausreichend Gewicht haben. Denn fangentscheidend ist es, den Köder so natürlich wie möglich anzubieten. Und natürlich heißt in diesem Fall: ruhig, bodennah und in der Schwebe ohne große Schwanzbewegungen.

Ich persönlich fische lieber etwas schwerer als zu leicht. So bin ich auch bei einer starken Brise auf der sicheren Seite, was den Bodenkontakt betrifft. Denn der Hecht liegt am Grund, und wir müssen versuchen, die Gummibeute direkt vor seiner Nase zu platzieren. Genau in Augenhöhe und nicht einen Meter darüber, sonst ist sein Interesse nahezu Null.

Vertikalfischen im Allgemeinen und ganz besonders auf Hecht ist reine Konzentrationssache. Angler, die mich kennen, wissen, dass ich die Rute kaum bewege. Ich bin quasi ein lebender Rutenhalter. Auf diese Weise fange ich zwar selten die meisten Fische, dafür aber oft die Großen. Dies gilt nicht nur für Barsch und Zander, sondern ganz besonders für den Hecht. Er sieht den schwebenden Gummiköder als natürliche Beute – auch sie bewegt sich im kalten Wasser kaum – und so kommen die Bisse meistens hammerhart.

Slow-Action-Gummis

Statt der üblichen Gummifische mit breitem Tellerschwanz kommen Slow-Aktion-Gummis mit kleinen Schaufeln oder V-Schwänzen zum Einsatz. Meine fünf Favoriten sind der Slug-Go von Lunker City, der Fin-S von Lunker City, der Fork Tail von Fox RAGE, der Pro Shad von Fox RAGE und der Giant Shad von AA-Worms. Die ideale Länge liegt bei 15 bis 23 cm (5,5‘‘ bis 9‘‘). Die Gummis werden am Grund mit einem kurzen aber kräftigen Ruck in Bewegung gesetzt und pendeln dann darüber aus. Dieses ruckartige „Starten“ des Köders ist besonders beim Hecht wichtig, denn nur so schaukeln die weichen, langen Körper nach und erzeugen ihren unwiderstehlichen Reiz.

Schlank und rank müssen sie sein, die perfekten Gummis für den Winterhecht.

Da wir möglichst senkrecht fischen wollen, muss der Köder rasch zum Grund. Optimal ist hier der Rundkopf. Er sinkt er am schnellsten und hält den Gummifisch während der „Ausschwingphase“ am besten in der Waagerechten. Das optimale Gewicht für Angeltiefen von 10 bis 15 m ist 30 g, wenn’s tiefer ist, nehme ich 40-g-Köpfe. Jig-Haken mit kurzem Schenkel und weitem Bogen in den Größen 4/0 und 6/0 sind Garanten für die optimale Köderbewegung. Kommt es zu Fehlbissen, hilft ein Extradrilling am Stinger aus Stahl. Größe 4 reicht bei Gummis von 5,5‘‘ bis 7‘‘ völlig aus, bei längeren Gummifischen nehme ich Größe 2. Wichtig ist, dass der Drilling nicht im letzten Drittel des Gummiköders sitzen darf, ansonsten ist die gewünschte Aktion futsch. Es wird viel über Hardmono oder Fluorocarbon geredet, doch wirklich „hechtsicher“ ist nur ein Vorfach aus Stahl. Meines ist relativ fein (1×19 / 13 oder 18 kg) und 20 cm lang.

Extra-Tipp

Im Prinzip kann von jedem Boot vertikal gefischt werden. Es muss sich nur langsam und kontrolliert bewegen lassen. Erfolgreiche Vertikaler sind in der Lage, ihr Boot selbst bei starkem Seitenwind zentimetergenau auf einem Platz zu halten. Dabei ist ein stufenlos einstellbarer E-Motor von größtem Nutzen. Bei kräftiger Drift oder starkem Wind muss allerdings auch der stärkste E-Motor kapitulieren. Dann hilft nur der 4-Takter. Ein Driftsack erleichtert dem Motor die Arbeit, nimmt sie ihm aber nicht ab.

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