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Aale ohne Schnörkel

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Angeln ist so einfach! Aber man kann auch eine Wissenschaft draus machen. Zumindest für den Aalansitz gilt: simple Methoden und Montagen fangen oft besser.

Von Henning Stühring

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Geduld, mien Jung“, ermahnte mich mein Onkel früher immer, wenn ich ihn zum Aalansitz an die Oste begleitete. Für einen jungen Spund ist es eben schwer einzusehen, dass letztlich allein die Fische bestimmen, wann die Glocke an der Rutenspitze bimmelt. Kringelt der Wurm erst einmal am Gewässergrund, gehört Geduld eben immer noch zu den herausragenden Eigenschaften, die ein erfolgreicher Ansitzangler mitbringen muss. Er kontrolliert auch nicht alle Viertelstunde, ob der Köder frei liegt, was das Dauer-Gebimmel nervöser Sportsfreunde am anderen Ufer verrät…

Vor dem Faktor Ausdauer steht allerdings auch ein bisschen Überlegung. Die fängt beim Aalangeln mit der passenden Jahreszeit und dem Wetter an.

Die Zeit: Von April-September

In stehenden Gewässern kann es schon Ende März losgehen. Und zwar im Flachwasser, das sich unter den ersten Strahlen der Frühjahrssonne rasch erwärmt. Die Folge: Kleintiere tummeln sich z.B. in Buchten und locken Fische an. Schon ein paar Grad Wasser-Erwärmung lassen das Leben pulsieren, zumeist in Tiefen von nur 0,5 bis 1 m. Dort lohnt der Aal-Ansitz in den ersten 2 Stunden nach Einbrauch der Dämmerung. Längere Versuche, die ganze Nacht hindurch, lohnen nach meinen Erfahrungen erst ab Mai.

An Flüssen läuft der Aal gewöhnlich erst mit Beginn des Monats Juni so richtig. Je größer der Strom, desto später im Frühling brummt es. Ein schmaler, flacher Graben hingegen bietet oft schon ab April gute Aussichten. An allen Gewässern fange ich Aale bis September. Hält allerdings, wie im Spätsommer letzten Jahres, ungewöhnlich warmes Wetter an, verlängert sich die Saison bis in den Oktober hinein.

Das Wetter: Südwest und dunkel

„Kommt der Wind aus dem Osten, lässt uns der Fisch verrosten“, lautete eine Aal-Weisheit meines Onkels. Die stimmt auch grundsätzlich, nur bestätigen Ausnahmen die Regel. So fingen wir, Kumpel Olli und ich, schon Anfang April in unserem kleinen Graben gut Aale: bei Ostwind und empfindlicher Nachtkälte. Generell scheint jedoch eine milde Südwest-Strömung deutlich günstiger zu sein.

Vor allem aber braucht der Aalangler die Dunkelheit. Die Phasen des letzten Monddrittels und bei Neumond verheißen optimale Bedingungen. Ausnahmen: In Strömen mit Tide-Einfluss gehen Aale bei Flut auch tagsüber an den Haken. Dasselbe gilt für Gewittergüsse, die Nahrung ins Gewässer spülen und es stark eintrüben. Und in Seen, Weihern und Teichen lassen sich Aale bei Vollmond auch direkt unter der Wasseroberfläche fangen. Ansonsten gilt: Schleicher im Dunkeln ertappen.

Mildes „Sauwetter“ ist eigentlich immer günstig. Noch besser: Gewitter-Nächte. Nachdem es sich ausgeschüttet hat, der Wasserstand steigt und Blitz und Donner nachlassen, geht es oft erst richtig los. Das erlebten wir u.a. im Juni ’97, als sich, bei drückender Schwüle, an unseren Ködern zunächst nur wenig rührte. Bis mir, durch plötzlich einsetzenden Sturm, die Mütze vom Kopf flog und wir das hereinbrechende Gewitter lieber im Auto abwarteten. Die Köder beließen wir während der Zwangspause im Wasser. Als Blitz, Donner und Wind nachließen, nahmen wir die Ruten auf, die kreuz und quer standen. Allerdings hatte nicht nur der Wind die Ordnung durcheinander gebracht: Beim Einkurbeln stellte sich heraus, dass an allen 4 Ruten stramme Aale hingen. Es sollten nicht die letzten in jener Nacht gewesen sein…

Die Montage und Köder: Keine Experimente

Gebissen hatten die Aale allesamt auf unsere Standard-Grundmontage. Die ist einfach, aber ungeheuer effektiv: Sie lässt sich durch das Anti-Tangle-Röhrchen verhedderungsfrei werfen und gewährleistet freien Schnurabzug. Schnörkellose Montagen sind gegenüber komplizierten Rigs gerade beim Nachtangeln klar im Vorteil, falls mal neu geknüpft werden muss und Ollis abgewandelter Spruch gilt: Zeit ist Aal!

Als Köder eignen sich Tauwürmer, die Masse bringen, und Köderfische, die für Klasse sorgen. Hier haben wir aufgehört, mit „Neuem“ zu experimentieren. Zwar fangen auch Garnelen, Krabben, Lachseier und sogar Hühnerdärme. Aber, und das ist entscheidend, sie fangen nicht besser als die Klassiker Tauwurm und Köderfisch und sind nur schwerer bzw. teurer zu besorgen.

Als Köfis haben sich schlanke, fingerlange Fischchen am besten bewährt. Die kann der Aal gut packen und schnell schlucken. Optimal sind Rotaugen, Rotfedern und, unser persönlicher Liebling, der Gründling. In Gewässern, in denen massenhaft Kaulbarsche vorkommen, lohnt auch damit ein Versuch.

Das Gerät, mit dem die Standard-Montage serviert wird, sollte robust sein. Karpfenruten – 2 pro Angler – in Verbindung mit hoch übersetzenden Rollen, vorzugsweise Freilauf-Modelle, erfüllen diese Voraussetzung perfekt. Damit besitzt man die nötige Hebelwirkung, um gehakte Aale zügig von der „Gefahrenzone“ Grund zu lösen. Die Freilaufrolle übernimmt gleichzeitig die Funktion der Bissanzeige. Freund Olli hängt zusätzlich noch die gute alte Aal-Glocke an die Rutenspitze.

Der Biss: Stop & go

Am Schnarr-Geräusch der Freilaufrolle hört man, dass ein Aal den Köder genommen hat. Dann gehört die Rute sofort in die Hand, der Rollenbügel geöffnet und die Schnur zwischen die Finger gehalten. So lässt sich genau erfühlen, was am anderen Ende passiert: Meist nimmt der Aal nach dem Biss erst zügig einige Meter Schnur. Dann bleibt er stehen, dreht den Köder im Maul zurecht und schluckt ihn. Zieht er schließlich wieder an, wird der Anhieb gesetzt. Früher warteten wir sicherheitshalber noch einen 2.Stopp ab. Dann hängt der Aal zwar garantiert, aber es werden 2 Nachteile in Kauf genommen: Erstens kann sich der Aal bei langem Zuwarten schon am Grund festgesetzt haben, und zweitens sitzt der Haken meist sehr tief.

Der zügige Lauf eines Aals mit dem Köder ist vor allem in strömenden Gewässern typisch. In Stillgewässern hingegen nimmt der Schlängler den Happen oft sehr viel vorsichtiger. Manchmal zieht er nur 2, 3 Meter Schnur ab, dann rührt sich nichts mehr. Aber keine Sorge und Nerven behalten, denn meist ist der Räuber noch am „Ball“ und kann nach ein bisschen Zuwarten erfolgreich angeschlagen werden. Allerdings legt Mr. Schleicher zeitweise, besonders im Hochsommer, auch eine unglaubliche Vorsicht in die Nacht. Dann lässt er den Köder beim geringsten Widerstand sofort los. Hier hilft nur „abrüsten“ und leichter fischen: z.B. mit halbem Tauwurm an freier Leine oder sensibler Posenmontage im Freiwasser.

Die Landung: Vorsicht

Sitzt der Anhieb, kommt der oftmals schwierigste Teil: gar nicht so sehr der „Drill“ (nix wie raus!), sondern viel mehr die Landung. Wann immer es die Ufer-Beschaffenheit zulässt, sollte der Aal gestrandet werden. Nur wenn es steil abfällt, bleibt nichts anderes übrig, als den Schlängler mit einem engmaschigen Groß-Kescher in das Netz zu bekommen.

Aber ein Aal ist erst endgültig bezwungen, wenn er im Eimer liegt. Und manchmal nicht einmal dann: Mein persönliches Waterloo in Sachen Aalangeln erlebte ich im Sommer ’95. In jener lauen Juni-Nacht zerrten Olli und ich in einem 5-minütigem Doppeldrill ein Kapitalen-Duo an Land: schätzungsweise ca. 3,5 und 5 Pfund schwer. Wir hälterten die beiden Wasserschlangen lebend in einem großen, mit wenig Wasser und Gras gefüllten Eimer.

Vermeintlich sicher – bis mein Bruder den Deckel öffnete, um die armdicken „Monster“ in Augenschein zu nehmen. Eine zarte Flankenberührung, und einer der Aale, wohl ein kitzliger Bursche, ergriff die Flucht: unter meine Stiefel hindurch, schnurstracks ins Wasser zurück. Natürlich war es der große 5-Pfünder – mein bisher dickstes Exemplar! Ja, Geduld ist das eine, den Sack zumachen, das andere, hätte mein Onkel wohl über das Malheur gelästert.Foto: Frank Brodrecht Wolfgang Hauer, Michael Kahlstadt

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