Um kleine Gräben machen Spinnangler oft einen großen Bogen. Christiane Brammer riskierte dennoch einen Versuch: mit Schwimmwobbler auf Hecht.
Von Henning Stühring
Christianes Verführungskünstler: Orangefarbene Schwimmwobbler als Standardköder, schwarze nur bei sehr klarem Wasser. |
Versuch macht klug – lautet das Motto an diesem Samstag-Nachmittag im Spätherbst. Lohnt gezieltes Hecht-Spinnfischen in einem knietiefen Graben? Heute werden mein Freund Olli und ich es herausfinden. Er ist zwar skeptisch, doch nörgeln kann er woanders. Mannometer! Schließlich ist am Wasser Optimismus Pflicht.
Dort angekommen, wird seine Laune allerdings nicht viel besser: Kaum Strukturen, brummt mein Kerl. Zugegeben, der Graben wirkt auf den ersten Blick ziemlich öde: begradigt und so schmal, dass man glatt ans andere Ufer spucken kann, wie Olli (glücklicherweise) nur feststellt statt demonstriert.
Wo sollen hier Hechte stehen? An der Brücke vielleicht, ist unser erster Gedanke. Als Köder servieren wir 2-teilige Schwimmwobbler. Denn damit gibt es keine Hänger in dem flachen Wasser. Na, wenigstens gibts hier reichlich Platz zum Werfen, muß Olli eingestehen. Am Ufer wachsen nämlich weder Sträucher noch Bäume. Das wiederum bedingt ein ruhiges Verhalten. Hektische Bewegungen und Herumgetrampel sind tabu.
Wie beim Tennis…
Leider jedoch entpuppt sich die Brücke nicht als der erhoffte Hecht-Spot. Daher marschieren wir weiter und versuchen, Strecke zu machen. Serviert wird stromab per Unterhandwurf. Die Ausholbewegung dabei erinnert an eine Rückhand beim Tennis. Eine Zigarettenlänge vorm gegenüberliegenden Ufer soll der Wobbler landen.
Doch mit viel Strecke machen ist bald Schluss: Ein Hechtbiss stoppt unseren Marsch – gerade mal 30 m von der Brücke entfernt. Ich drille, während Olli, ganz Gentleman, die Ärmel hochkrempelt: Handlandung ist angesagt. 58 cm – immerhin!, seine Anerkennung beim Maßnehmen ist nicht zu überhören. Gebissen hat der Bursche auf einen 11-cm-Schwimmwobbler in fluo-orange. Olli hatte bis jetzt auf Schwarz gesetzt. Denn er glaubte, dass Schockfarben an dem kaum beangelten Gewässer eher scheuchen als reizen. Doch nun klickt er einen zitronen-gelben Wobbler in den Wirbel.
Alle 50 Meter…
Und auch diese Reizfarbe sticht. So gut, dass wir auf den nächsten 200 m Bachstrecke noch 5 weitere Hecht-Drills erleben. Alle 50 m ein Räuber – ein Fangergebnis, dass an viel befischten Vereinsgewässern kaum möglich ist. Und bestimmt kein Einzelfall! Gräben mit gutem Hecht-Bestand gibt es genug. Nur beangelt sie kaum jemand – Begründung: Fischleer!
Wir jedenfalls haben die Hechte in unserer Rinne noch des öfteren mit Erfolg angegraben. Dabei kamen interessante Erkenntnisse heraus: Schon kleinste Buchten und Uferaushöhlungen genügen Freund Esox als Einstand. Wird ein gefangener Hecht zurückgesetzt, sucht und findet er diesen stets wieder. Das werden Sie feststellen, wenn am nächsten Wochenende ein Räuber der gleichen Größe exakt am selben Platz zupackt. Und die meisten
Bisse erfolgen nach den ersten 3, 4 Kurbelumdrehungen. Fluo-Farben verführen zwar am besten, jedoch mit einer Ausnahme: bei klarem Wetter und Wasser. Dann nämlich ist Schwarz tatsächlich Trumpf.
Wiesengräben – Die Pacht-Chance
Während die meisten größeren Gewässer von Angelvereinen bewirtschaftet werden, herrschen an Wiesengräben oft private Besitzverhältnisse. Nicht selten liegen sie in der Hand von Landwirten und Jägern. Und die lassen durchaus mit sich reden, wenn es um eine Angelerlaubnis geht. Fragen kostet nichts. Auf diese Weise gelang es mir, zusammen mit 3 Kollegen eine 5-km-Bachstrecke anzupachten – für 200,- DM im Jahr. Das ist fast geschenkt, denkt man an die etlichen Aale und Hechte, die wir schon aus unserem Graben gezogen haben.
Geräte-Kiste von Christiane Brammer
Rute: Mittlere Spinnrute mit ca. 10-40 g Wurfgewicht, z.B. die Zebco HI LITE M, 2,85 m.
Rolle: Kleine bis mittlere Stationärrolle, z.B. die D.A.M. Quick VSi 430.
Schnur: Stroft Fluor, 0,25 mm.
Köder: Schwimmwobbler: Rapala Jointed J (2-teilig), 11 cm.Foto: Verfasser
Abendstimmung am Wiesengraben: An der Einmündung steht bestimmt ein Räuber… |