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Hechtangeln im Winter

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Wer den Winter nicht scheut, sollte jetzt unbedingt ans Wasser. Für Uli Beyer ist er die beste Jahreszeit, um Großhechte zu überlisten.

 

Text & Fotos: Uli Beyer

Mit dem Einzug des Winters stellen sehr viele Angler, wie Heinz, das Raubfischangeln ein. Dabei ist es mit die beste Fangzeit des Jahres für besonders kapitale Exemplare. In vielen Gewässern werden in den kalten Wintermonaten mit großer Regelmäßigkeit sehr starke Hechte gefangen. Und zwar auch dort, wo solche Fänge im Sommer fast unmöglich erscheinen. Allerdings sind die Angler, die mit den gleichen Strategien an die gleichen Stellen wie im Sommer ziehen, in der Regel nicht besonders erfolgreich.

Nichts für Stubenhocker: Gute Winterplätze zu finden, ist wahrscheinlich die schwierigste Aufgabe für den Raubfischangler.
Abgehakt: Wieder einmal hat sich der Winter als die Zeit für Meterhechte gezeigt.

Zugegeben, für uns ist es am oder auf dem Wasser nicht gerade gemütlich, die Temperaturen gehen stark zurück, im Extremfall bildet sich sogar Eis. Das Positive: Auch für die Flossenträger wird es ungemütlich. Die Futterfische verschwinden oder sammeln sich sehr konzentriert in eng begrenzten Gewässerbereichen. Diese Sammelstellen suchen dann natürlich auch die Räuber auf. Wir als Angler müssen diese Stellen finden und intensiv beangeln. Das kann dann in kürzester Zeit exzellente Fangergebnisse bringen. Der Grund für Futterfisch- und Raubfischversammlungen ist wärmeres oder auch sauerstoffreicheres Wasser.

Versuchen Sie als Angler zu erkennen, nach welchen Kriterien die Hechte in Ihrem Gewässer neue Aufenthaltsorte aufsuchen. Viele Räuber gelangen dabei in sehr dunkle Gewässerbereiche, und häufig spielt dann auch der Sauerstoffgehalt im Wasser eine große Rolle. Fast immer konzentrieren sich die Fische auf sehr engem Raum. Die Fressphasen der Hechte werden häufig sehr kurz, und die Nahrungsaufnahme kann deutlich selektiver erfolgen als im Sommer.

Verkürztes Tageslicht bedeutet kürzere Pausen zwischen den Beißzeiten der Hechte – und sie beißen dann sehr aggressiv.
Die Fische rücken in den „Komfortzonen“ dicht zusammen.

Winterstellen, eine große Chance für den Angler

Spontan könnte man deshalb meinen, dass Winterräuber sehr schwer zu fangen sind. Ich habe jedoch an vielen Gewässern die Erfahrung gemacht, dass man besonders im Winter den kapitalen Hechten deutlich besser als zu anderen Zeiten im Jahr auf die Schuppen rücken kann. Zwar nimmt der Hecht jetzt – bedingt durch den reduzierten Stoffwechsel – weniger Nahrung auf, andererseits reduziert sich aber auch sein natürliches Futterangebot im Gewässer erheblich.

Weiterhin rücken wegen der verkürzten Helligkeitsphase am Tage die Beißzeiten der Räuber wesentlich dichter zusammen und sind auch ausgeprägter als im Sommer. Das macht es letztlich leichter, die Hechte auszurechnen. Wer im Winter die Fressplätze zur richtigen Zeit beangelt, kann also besonders effektiv den Kapitalen nachstellen. Die Winterstelle für den garantierten Erfolg kann ich Ihnen aber leider nicht nennen, denn diese Hotspots variieren von Gewässer zu Gewässer. Deshalb möchte ich versuchen, Ihnen beispielhaft typische Winterplätze in verschiedenen Gewässertypen zu beschreiben.

Aber nicht immer stehen Räuber und Futterfische bunt gemischt: Häufig findet man die Räuber (Sicheln links und rechts des Schwarmes) auch etwas abseits der Futterfische. Die Hechte stoßen dann von Zeit zu Zeit nur zum Fressen vor.

Je nach Gewässer können zum Beispiel Ruhe- und Fressplätze – wie im Sommer – voneinander getrennt sein. Allerdings ist die Entfernung vom Ruhe- zum Fressplatz deutlich kürzer als im Sommer. Wer also größere Ansammlungen von Fischen in einem Gewässer gefunden hat, wird auch nahe am Erfolgsplatz sein.

Bootsangler haben es mit dem Echolot natürlich am einfachsten. Ein guter Winterplatz zeigt sich oft durch einen „schwarzen Bildschirm“. Es scheint, als habe man mehr Fisch als Wasser unter sich. Häufig sind es die Brassen- und andere Weißfischschwärme, die dicht gedrängt zusammen stehen. Bei diesen Schwärmen gilt es, die Räuber zu lokalisieren, die häufig punktuell an markanten Strukturen ebenfalls dicht am Bodengrund stehen. Markante Strukturen sind kleine Kanten und Erhebungen. In Talsperren können das zum Beispiel alte Straßen, Flussläufe oder Gebäude sein, in anderen Gewässern die Sockel von Uferkanten oder Steinschüttungen.

In holländischen Gewässern mit „Stadtanbindung“ wiederum ziehen die meisten Fische zur Winterzeit in die relativ flachen Polder und Kanäle, die die Ortschaften durchziehen. Durch Einleitungen und höhere Außentemperaturen aufgrund der Bebauung sind diese meist wärmer als das Wasser frei liegender Seen.

Häfen sind im Winter fast überall sehr aussichtsreiche Angelstellen mit Hechtkonzentrationen, wie wir sie dort sonst im Jahr nicht finden können.

Mit Grips geht es auch ohne Echolot

Häufig lassen sich die Winterplätze der Hechte auch mit bloßer Überlegung beziehungsweise Beobachtung finden. Als Faustformel für deutsche Gewässer gilt: Stillwasser mit größerer Wassertiefe finden. In Flüssen sind es nicht die Sommerklassiker wie Strömungskanten und Kehrwasser, sondern die ruhigsten und damit meist auch tieferen Abschnitte des Gewässersystems. Speziell die bereits erwähnten Häfen, Staubereiche vor Wehren und im Idealfall angrenzende, tiefe Baggerseen mit Flussanbindung beherbergen jetzt den Großteil der Räuber. Wenn wir hier die tiefen Bereiche finden und absuchen können, werden wir die Raubfische bestimmt auch früher oder später finden. Allerdings muss man beachten, dass Hechte deutlich flacher als beispielsweise Zander zu finden sind. Orientieren Sie sich deshalb nicht an Vertikalanglern, die kleine Zander in 15 bis 20 Metern Wassertiefe fangen. Großhechte mögen es etwas heller und sind auch oft in der Nähe, allerdings meistens an den Kanten zu den tiefen Bereichen. Es ist in diesen Situtionen nicht immer einfach, die Nerven zu behalten und standhaft auf die dicken Hechte im flacheren Wasser zu angeln, während andere einen Räuber nach dem anderen aus dem Wasser ziehen.

Bei uns im Möhnesee suche ich auf der Hechtjagd im Winter zunächst die fischreichen Gewässerabschnitte mit dem Echolot und präsentiere dann meine Kunstköder dort und vor allem dann, wenn ich die Futterfische besonders flach finde. Es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich sich die Hechte in verschiedenen Gewässern verhalten. Hier sind wir als Angler gefragt und müssen das Gewässer verstehen lernen.

Wertvolle Indizien für den Uferangler

Seen ohne Boot zu beangeln, ist schon deutlich schwieriger. Hier orientiere ich mich sehr gern wie im Sommer an jagenden Wasservögeln. Wie die Hechte suchen sie gern die Kleinfischschwärme und zeigen uns den gedeckten Räubertisch ebenfalls an. Dort, wo die Wassertiefen sehr groß sind, erreichen die Wasservögel allerdings meist nicht mehr die fischreichen Regionen. Dann ist es sinnvoll, mit Temperaturmessungen, Lotungen oder im Idealfall anhand von Gewässerkarten die tiefsten Gewässerbereiche zu suchen.

Verkehrte Welt: In Holland ziehen die Hechte aus den tieferen Sommerdomizilen in flache Stadtpolder und Hafenanlagen, denen man sonst eher keinen ordentlichen Hecht zutraut.

Wir sollten uns dabei auf abfallende Kanten und Landzungen mit Angrenzung zum Tiefenwasser konzentrieren. Die Hechte sind zwar nicht ganztägig dort, aber sie kommen, wenn sie Hunger haben. Meiner Erfahrung nach sind die sonnigen Nachmittagsstunden und manchmal auch die Abendstunden besonders gute Fangzeiten.

In flacheren Gewässern sind die tiefsten Bereiche fast immer auch die fischreichsten Gebiete. Das Befischen solcher Winterspots ist nicht ganz einfach, insbesondere wenn gleichzeitig große Wurfweiten gefragt sind. Da auch in der Tiefe guter Kontakt zum Köder gehalten werden muss, bieten Gummifische mit schweren Bleiköpfen, Pilker und Zocker hier die besten Erfolgsaussichten.

Ein gutes Indiz ist für mich beim konzentrierten Spinnfischen vom Ufer aus auch ein plötzliches Zupfen und Rucken in der Rutenspitze. Das zeigt mir den Köderkontakt mit sehr dicht stehenden Weißfischen und ist ein klares Signal für einen „heißen Bereich“. Manchmal bleibt sogar eine Friedfischschuppe am Haken hängen.

Wer besonders systematisch interessante Plätze aufspüren möchten, dem empfehle ich die Suche mit dem Thermometer nach etwas wärmerem Wasser. Leichte Temperaturunterschiede können hier schon den Ausschlag geben und eine gute Stelle wird oft den ganzen Winter hindurch erfolgreich zu befischen sein. Ich hoffe, Sie haben Ihr Angelgerät nicht wie Heinz im Keller eingemottet, denn auch Ihr Gewässer birgt jetzt wahrscheinlich viele kapitale Überraschungen.

Sonderfall Bodden

Aus dem Rahmen fallen die berühmten und sehr fischreichen Boddengewässer rund um Rügen. Zwar kann man auch hier im Winter häufig in Häfen und Tiefenwasser gute Fangerfolge erzielen, aber allen anderen Faktoren übergeordnet ist hier wohl der schwankende Salzgehalt, bedingt durch den Wasseraustausch zwischen der Ostsee und den Bodden. Die Hechte reagieren darauf sehr sensibel und wandern deshalb auch im Winter häufig über viele Kilometer, wenn sich die Bedingungen im Wasser ändern. Bei drehenden Winden und damit veränderten Strömungen können Fangplätze, die heute noch fantastisch waren, schon am nächsten Tag komplett fischleer sein.

Neben vielen Futterfischen sollten wir als „Strategen“ auf der Hechtsuche daher immer überlegen, wo zur Zeit möglichst wenig Salz und gleichzeitig hohe Temperaturen vorherrschen. Fahrwasserkreuze, Freiwasserflächen mit mehreren mündenden Fahrwassern und auch tiefere Löcher sind meine erste Wahl für die winterliche Boddenangelei. Hier besteht auch immer die Chance, kapitale Hechte auf der Wanderung abzufangen. Über 90 Prozent meiner winterlichen Boddenhechte habe ich dabei auf Gummifische und Twister in 15 bis 25 Zentimeter Länge gefangen. Ich empfehle hier besonders weiche Shads, wie zum Beispiel den Slottershad S. Das Material imitiert die, verglichen mit dem Sommer, weniger kraftvollen Bewegungen der Futterfische am besten.

Boddenhecht auf Boddenfarbe: Auch im Winter fängt Heringsblau – wenn das Wasser nicht zu salzig ist.
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